Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 10.03.2005

PDS pocht auf Ausschuss

 
Dresden. Die Entscheidung des Tages fiel in der Mittagspause. Alle Bänke im Landtag waren verwaist, die meisten Abgeordneten zu Tisch - nur die der PDS nicht. Die Linkssozialisten tagten außerplanmäßig zur Affäre um die Landesbank, und gegen 13.30 Uhr war es soweit: Die Fraktion griff zum härtesten Mittel, will das Finanzgebaren der Banker per Untersuchungsausschuss klären - und die Rolle von Georg Milbradt (CDU) gleich mit.

Dabei hatte der Ministerpräsident zuvor in einer Regierungserklärung noch versucht, Schärfe aus der Debatte zu nehmen. Er wolle "der Vernunft eine Schneise schlagen", hatte er gesagt und darauf verwiesen, dass die Bank Gewinne mache. Unsachliche Kritik würde dem entgegen stehen. "Die Anwürfe", rief er in den Saal, "gefährden nicht nur die SachsenLB, sie sind mit großem wirtschaftlichen Schaden verbunden".

Die PDS konnte das nicht überzeugen. "Der Ministerpräsident ist in den meisten Punkten die überfällige Auskunft schuldig geblieben", sagte Fraktionschef Peter Porsch. Das ließ sich an der internen Abstimmung ablesen. Mit großer Mehrheit votierten die Linkssozialisten für einen Untersuchungsausschuss. Dagegen waren drei Abgeordnete, eine Hand voll enthielt sich. Zuspruch kam von den Liberalen. Zwar sagte FDP-Fraktionschef Holger Zastrow, die endgültige Entscheidung falle erst in ein paar Wochen. Doch die Stoßrichtung steht fest: "Milbradt hat erneut seinen Unwillen demonstriert, Missstände aufzuklären", so Zastrow, "ein Untersuchungsausschuss scheint unumgänglich".

Das freute einen ganz besonders: SPD-Mann Karl Nolle, gestern gerade 60 geworden, ließ es sich nicht nehmen, brachial ins Parlamentsgeschehen einzugreifen. Von "Desinformation" der Spitzenbanker sprach er, von "nachlassender Selbstkritik" und "Realitätsferne". Und dann ging Nolle Milbradt direkt an. Trotz Affäre spiele "das Land als Gewährsträger toter Käfer".

Das saß. Erst lief CDU-Fraktionschef Fritz Hähle zur Regierungsbank, dann zu seinem SPD-Pendant Cornelius Weiss. Grund: Seit der Septemberwahl ist Nolle Mitglied einer Koalitionsfraktion. Entsprechend zerknirscht blickte Milbradt auf den Tisch, und auch Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) schien kaum erfreut. Das Wort aber ergriff Hähle. "Das war hart an der Grenze", meinte er, "teilweise darüber hinaus". Bei Nolle habe er den Eindruck, "dass das nicht seine Regierung ist, über die er spricht".

Die Sachsen LB steht wegen Ungereimtheiten bei Immobilien-deals sowie Vetternwirtschaft in der Kritik. Vor Tagen fanden Ermittler bei einer Hausdurchsuchung offenbar Belege für den Verdacht einer rechtswidrigen Rückdatierung von aktienrechtlichen Dokumenten. Auf Drängen Milbradts hatten daraufhin Bankchef Michael Weiss und Vorstandskollege Rainer Fuchs ihre Abberufung erbeten. Diese Woche wurde zudem die Chefin der Tochter Mitteldeutsche Leasing AG (MDL), Andrea Braun, gekündigt. Sie ist die Lebensgefährtin von Weiss.
Sven Heitkamp und Jürgen Kochinke