Karl Nolle, MdL

DIE WELT, 10.03.2005

Schwere Vorwürfe gegen Milbradt

PDS-Fraktion will Untersuchungsausschuß zur Affäre um SachsenLB einsetzen
 
Dresden - In der Affäre um die sächsische Landesbank gerät Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) weiter unter Beschuß. Die PDS-Fraktion des Dresdner Landtags hat beschlossen, einen Untersuchungsausschuß zur SachsenLB einzusetzen. Der Ausschuß solle unter anderem klären, ob die Staatsregierung ihre Kontroll- und Aufsichtspflichten gegenüber dem Kreditinstitut verletzt habe, sagte Fraktionssprecher Marcel Braumann. Die FDP-Fraktion will dem Antrag voraussichtlich beitreten. Scharfe Kritik kommt auch von seiten des Koalitionspartners SPD.

Der PDS-Abgeordnete Sebastian Scheel warf Milbradt wegen der Affäre miserables Krisenmanagement und eine Verhinderungsstrategie bei der Aufklärung der bisherigen Vorwürfe vor. Bei drei Neinstimmen hatte sich die 31köpfige PDS-Fraktion mehrheitlich für den Untersuchungsausschuß ausgesprochen. Nötig für die Einsetzung des Gremiums sind nur 25 Stimmen. Die FDP hat zudem sieben Abgeordnete. Zuvor hatte schon die NPD einen Untersuchungsausschuß gefordert. Der Oppositionsantrag soll nun zur April-Sitzung des Landtages eingebracht werden.

Bei der Affäre um die SachsenLB geht es um - unter anderem von der WELT enthüllte - fragwürdige Geschäftsgebaren, Ungereimtheiten bei Immobiliengeschäften sowie eine Günstlings- und Vetternwirtschaft. Erst vor einigen Tagen fanden Ermittler der Staatsanwaltschaft bei einer Hausdurchsuchung offenbar Belege, die den Verdacht einer rechtswidrigen Rückdatierung von aktienrechtlichen Dokumenten erhärten sollen. Auf Drängen Milbradts hatten daraufhin SachsenLB-Vorstandschef Michael Weiss und sein Vorstandskollege Rainer Fuchs ihre Abberufung erbeten. Diese Woche wurde zudem der Chefin der 51prozentigen Banktochter Mitteldeutsche Leasing AG (MDL), Andrea Braun, gekündigt. Sie ist die Lebensgefährtin von Weiss.

In einer Regierungserklärung verteidigte Milbradt gestern im Landtag die bisherige Bilanz der einzigen ostdeutschen Landesbank gegen die anhaltende Kritik. Die SachsenLB sei wichtig für Sachsen und solle bestehenbleiben. Das öffentlich-rechtliche Finanzinstitut habe seit seiner Gründung 1992 einen Gewinn von 200 Millionen Euro erwirtschaftet. Die Staatsanwaltschaft müsse nun die Anschuldigungen gegen die Bank-Manager dringend aufklären, um verlorengegangenes Vertrauen wiederherzustellen. "Die Anwürfe und Indiskretionen gefährden nicht nur die Zukunft der SachsenLB, sondern sind auch mit großem wirtschaftlichen Schaden verbunden", sagte Milbradt, der in seiner früheren Amtzeit als Finanzminister für die Aufsicht der Landesbank zuständig war.

Sollte es arbeitsrechtliche Verfehlungen in der Landesbank oder bei der MDL gegeben haben, gehe er davon aus, daß die verantwortlichen Gremien Konsequenzen ziehen werden. Vorerst gelte aber weiterhin die Unschuldsvermutung. Spekulationen über angebliche Milliardenrisiken und Parallelen zur krisengeschüttelten Bankgesellschaft Berlin wies Milbradt jedoch scharf zurück. Heikel ist die öffentliche Debatte besonders vor dem Hintergrund eines finanziell wichtigen Banken-Ratings im Juli, bei der sich die SachsenLB von der mageren Bewertung BBB+ zu einem A-Rating hocharbeiten will.
von Sven Heitkamp