Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 12.03.2005

Tiefschlag von ganz oben

Sächsisch betrachtet von Gunnar Saft
 
DIE härtesten Tiefschläge kommen nicht vom politischen Gegner, sondern immer noch von den eigenen Parteifreunden. Das spürte auch der schwergewichtige SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle, der am Mittwoch seinen 60. Geburtstag feierte. Dabei machte sich der 120-Kilo-Mann selbst ein besonderes Geschenk. Bekannt als Chefaufklärer, der Missstände gnadenlos öffentlich macht, verteilte Nolle auch an dem Tag heftige Schelte. Pikant war nur, dass diese die eigene Koalitionsregierung traf. Nolle warf dem CDU-SPD-Kabinett unverblümt vor, die aktuelle Skandalserie um die Landesbank liebend gern unter den Tisch kehren zu wollen. Und wie reagierte man dort auf den Tabubruch? Der CDU-Abgeordnete Wolfram Köhler nahm es locker und schenkte Nolle einen knallroten linken Handschuh. Ideenmäßig war das ein Volltreffer! Die SPD bedachte das Geburtstagskind dagegen lieber mit einem Maulkorb. Den gab es in Form eines Verbots. Nolles auf der SPD-Internet-Seite bereits veröffentlichte Brandrede wurde dort kurzerhand gelöscht. Zum Glück kamen dem Jubilar empörte Genossen zu Hilfe, und der kritische Text musste wieder freigeben werden. Nolle siegte damit über die eigene Parteiführung in der zweiten Runde durch ein technisches K.o. – Schlussgong!

EINEN Dämpfer bekamen aber auch die Mitarbeiter des Landtags von ihrer Obrigkeit verpasst. Ihnen wird ein Privileg verwehrt, das seit kurzem alle 124 Abgeordneten genießen: ein neuer Wasserspender. Der ist vorerst nur für durstige Politikerkehlen gedacht, während sich die Bediensteten ihre Wasserflaschen von zu Hause mitbringen müssen. Offenbar brauchen die Abgeordneten das kühle Nass auch viel dringender – bei den vielen furztrockenen Reden im Sitzungssaal.

DORT erwischte es jetzt die Grüne Astrid Günther-Schmidt. Während der Landtagsdebatte am Donnerstag blätterte die Abgeordnete sehr intensiv in einem Werbekatalog für Sämereien und Pflanzen. Pech nur, dass sich genau oberhalb ihres Parlamentssitzes die Pressetribüne befindet. Und so konnten die Medienvertreter in Ruhe studieren, was die Politikerin in ihrer Arbeitszeit fürs Wahlvolk tut – nämlich nichts. Aber vielleicht lernt der Politikneuling ja noch hinzu. Bis dahin gilt für die Dame: Grün im Herzen und grün hinter den Ohren.