Karl Nolle, MdL

Lausitzer Rundschau, 11.03.2005

Landesbank beschäftigt jetzt Untersuchungsausschuss

Milbradt in der Kritik / PDS und FDP wollen Gremium im April einsetzen
 
In der Mittagspause des Landtages wurde gestern ein neues Kapitel in der Affärengeschichte der sächsischen Landesbank geschrieben: Bei drei Nein-Stimmen entschied sich die 31-köpfige PDS-Fraktion dafür, einen Untersuchungsausschuss zu Ungereimtheiten bei der Sachsen LB zu beantragen. Auch die FDP will dem Antrag beitreten, wartet aber noch die Beantwortung ihrer Großen Anfrage ab. Premier Georg Milbradt (CDU) gerät damit weiter unter Beschuss.

Der PDS-Abgeordnete Sebastian Scheel warf Milbradt wegen der Landesbankaffäre ein miserables Krisenmanagement und eine Verhinderungsstrategie bei der bisherigen Aufklärung vor. Der Ausschuss solle nun unter anderem klären, ob die Staatsregierung ihre Kontroll- und Aufsichtspflichten gegenüber dem Kreditinstitut verletzt habe, sagte Fraktionssprecher Marcel Braumann. Nötig für die Einsetzung des Gremiums sind lediglich 25 Stimmen. Die FDP hat zudem sieben Abgeordnete. Der Antrag soll zur April-Sitzung des Landtages eingebracht werden.

Die Sachsen LB steht seit mehr als einem Jahr wegen eines fragwürdigen Geschäftsgebarens, Ungereimtheiten bei Immobiliendeals sowie einer Günstlings- und Vetternwirtschaft in der Kritik. Erst vor einigen Tagen fanden Ermittler der Staatsanwaltschaft bei einer Hausdurchsuchung offenbar Belege, die den Verdacht einer rechtswidrigen Rückdatierung von aktienrechtlichen Dokumenten erhärten sollen. Auf Drängen Milbradts hatten daraufhin Sachsen LB-Vorstandschef Michael Weiss und Vorstandskollege Rainer Fuchs ihre Abberufung erbeten. Diese Woche wurde zudem die Chefin der 51-prozentigen Banktochter Mitteldeutsche Leasing AG (MDL), Andrea Braun, gekündigt. Sie ist die Le bensgefährtin von Weiss.

In seiner Regierungserklärung hatte Milbradt noch vor einem Untersuchungsausschuss gewarnt und die Bilanz der einzigen ostdeutschen Landesbank verteidigt. Die Sachsen LB sei wichtig für das Land und solle bestehen bleiben. Das öffentlich-rechtliche Finanzinstitut habe seit seiner Gründung 1992 einen Gewinn von 200 Millionen Euro erwirtschaftet. Allein 2004 gebe es einen Rekordüberschuss von 45 Millionen. Die Abgeordneten sollten stolz sein, dass die Bank in Leipzig nicht wie in Magdeburg oder Erfurt nur eine Außenstelle einer westdeutschen Bank sei, sondern eigenständig entscheide.

Die Staatsanwaltschaft müsse die Anschuldigungen gegen die Bank-Manager jetzt dringend aufklären, um das Vertrauen wieder herzustellen. „Die Anwürfe und Indiskretionen gefährden nicht nur die Zukunft der Sachsen-LB, sondern sie sind auch mit großem wirtschaftlichen Schaden verbunden“, sagte Milbradt, der als früherer Finanzminister für die Aufsicht über die Landesbank zuständig war.

Spekulationen über angebliche Milliardenrisiken und parallel zur Bankgesellschaft Berlin wies der Ministerpräsident scharf zurück. „Sie schaden der Bank und dem Ansehen des Wirtschaftsstandortes Sachsen.“ Die Landesbank sei ein Ertragsbringer und kein Sanierungsfall.

Für Aufregung sorgte indes die Kritik von Sozialdemokrat Karl Nolle. Er sprach von einer Vertrauenskrise und Selbstbedienungsmentalität. An die Adresse von Milbradt und Finanzminister Horst Metz (CDU) erklärte Nolle, es sei der Anfang vom Ende, wenn Politiker Fehler nicht rechtzeitig einräumen, zaudern, zögern und sich nicht korrigieren. Das Problem sei aber nie die Sachsen LB gewesen, sondern ihre Vorstandsspitze. Nolles Auftritt löste vorübergehend Hektik in der Koalition aus. Doch auch ein Appell von SPD-Chef und Wirtschaftsminister Thomas Jurk konnte den Untersuchungsausschuss nicht verhindern.
Von Sven Heitkamp