Karl Nolle, MdL
Freie Presse Chemnitz, Seite 3, 26.03.2005
Sachsens SPD sucht nach einer kräftigen Stimme
Geldnot und Profilierungsdefizite machen Sozialdemokraten Sorge
Dresden. In der sächsischen SPD ist die Euphorie über die Regierungsbeteiligung gewichen. Sechs Monate nach ihrem historisch schlechtesten Wahlergebnis werden in der Partei Fragen nach einer kritischen Aufarbeitung des Niedergangs immer offener gestellt. Die SPD war bei der Landtagswahl im September von 10,7 auf 9,8 Prozent abgerutscht, was im Gegensatz zur CDU keine offene Kritik an der Wahlkampfstrategie und ihrer Regisseure auslöste.
Zeit- und Personalnot macht SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss für Defizite verantwortlich. Die Koalitionsbildung band die Kräfte. Die Partei stand zudem noch im Bann der gerade erst gelösten Führungsquerelen zwischen dem neuen Landesvorsitzenden Thomas Jurk und seiner Vorgängerin Constanze Krehl.
Nachdem der Jubel über die unverhoffte Machtteilhabe verklungen ist, treten die Probleme offen zutage. Die SPD muss den Gürtel enger schnallen. Der Mitgliederverlust der Bundespartei trifft auch die armen Brüder aus dem Osten. Sachsens SPD stehen schon in diesem Jahr, 200.000 Euro weniger zur Verfügung. Mit „flexiblen Lösungen" will Landeschef Jurk dem Mangel begegnen. Die zehn Büros in den Unterbezirken sollen die Partei weiter in der Fläche präsent halten.
Verheerend sei die Altersstruktur der SPD, beklagt Weiss. Die alten Genossen sterben weg, zu wenig junge rücken nach. Die Mitgliederzahl dümpelt bei 4300. Ein neues Manko hat die Partei erkannt, seitdem sie die gewohnte Oppositionsrolle verlassen hat. Sie sorgt sich um ihr Profil.
„Wir brauchen dringlicher denn je einen Generalsekretär", fordert der Abgeordnete Karl Nolle. Die CDU liefere mit einem von Koalitionszwängen befreiten Michael Kretschmer das Vorbild.
„Eine ähnliche Stimme brauchen wir", leistet Weiss Beistand, um zugleich Gelassenheit im Umgang mit Profilierungsversuchen des Partners anzumahnen. Wenig begeistert von der Idee, einen Generalsekretär einzusetzen, ist sein Parteichef und viel beschäftigter Wirtschaftsminister. Das Land könne man nicht durch Parteitaktik, sondern durch gute Regierungsarbeit voranbringen, meint Jurk. Das Ende der Debatte ist damit sicher nicht erreicht.
von Hubert Kemper