Karl Nolle, MdL
DNN/LVZ, 19.04.2005
Minister Jurk unterstützt Kapitalismus-Kritik
Dresden/Berlin. Rückendeckung, aber auch scharfe Ablehnung für Franz Müntefering: Der SPD-Chef polarisiert mit seiner Unternehmer-Schelte weiter die Innenpolitik. Überraschend klar stellte sich auch Sachsens SPD-Landeschef Thomas Jurk, der zugleich Wirtschaftsminister ist, hinter Münteferings Kapitalismus-Kritik. "Wir müssen darüber nachdenken, ob uns das reine Renditedenken in der Wirtschaft dauerhaft soziale Sicherheit und Wohlstand bringt", sagte er der Leipziger Volkszeitung.
Nach Ansicht von Jurk geht es um eine Kurskorrektur in der Debatte. "Nötig ist der Blick auf die Menschen, der droht derzeit zu kurz zu kommen". Das gelte auch für die Diskussion um Mindest-löhne. "Am Ende müssen die Leute davon leben können", sagte Jurk. Die bloße Unternehmer-Perspektive reiche nicht.
Auch Sachsens SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss lobte den Parteivorsitzenden: "Müntefering spricht mir aus dem Herzen." Weiss kritisierte das "Rollback zur Marktwirtschaft pur". Münteferings "klare Worte gegen den neoliberalen Trend" seien an der Zeit. Auch in Sachsen gebe es einige Unternehmen, die bei der Vergabe von Fördermitteln als erste die Finger heben würden. "Wenn es dann um eine gewisse Bringschuld bei Investitionen und Jobs geht, heben diese schwarzen Schafe abwehrend die Hände", so Weiss.
In Berlin stellte sich Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) auf die Seite seines Parteivorsitzenden und fordert die Wirtschaft zu stärkerer Zusammenarbeit mit dem Staat auf. Dies sei "ein wichtiger Schritt" für die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft, sagte Schröder gestern in Berlin.
Harsche Kritik hagelte es dagegen von Union und FDP. Der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber nannte die Äußerungen gestern "außerordentlich schädlich" für das Ansehen im Ausland. "Wer solche Kritik äußert, müsste eigentlich den Binnenmarkt schließen und die nationalen Grenzen wieder hochziehen." FDP-Chef Guido Westerwelle, der gestern mit einer Plakatkampagne auf die Münterefring-Attacke reagierte, wähnt den SPD-Chef bereits auf "Kurs Richtung Opposition". Die FDP will Münteferings Worte jetzt in einer Aktuellen Stunde im Bundestag behandeln.
J.FK./dpa