Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 22.04.2005

Fall Köhler: Stadt Riesa räumt Fehler ein

Die Oberbürgermeisterin weist den Vorwurf von verschwundenen Akten allerdings strikt zurück.
 
Der Ex-Landtagsabgeordnete und Ex-OB von Riesa, Wolfram Köhler (CDU), sorgt auch nach seinem Mandatsverzicht für Wirbel. Vor allem die Frage, ob seine Kandidatur für den Landtag im September 2004 rechtens war, weil er zuvor nicht zwölf Monate lang ununterbrochen seinen Lebensmittelpunkt in Sachsen hatte, bleibt weiter ungeklärt.

Die Riesaer Oberbürgermeisterin Gerti Töpfer (CDU) wies gestern den Vorwurf zurück, dass im Einwohnermeldeamt der Stadt die Unterlagen zu Köhler verschwunden seien. In der entsprechenden Computerdatei seien alle erforderlichen Angaben zu ihrem Amtsvorgänger enthalten, sagte sie der SZ. Töpfer räumte allerdings einen organisatorischen Fehler ein. So seien Änderungen in dieser Datei früher im Rathaus nicht wie eigentlich notwendig schriftlich dokumentiert und archiviert worden. „Das hätte gemacht werden müssen, ist aber im Fall von Herrn Köhler bedauerlicherweise unterblieben.“

Laut Töpfer lässt sich mit Hilfe des manipulationsgeschützten Computersystems dennoch nachweisen, dass Wolfram Köhler seit seiner ersten Anmeldung am 25. Juni 1991 zwar mehrfach in Riesa umgezogen ist, sich aber nie aus der Stadt abgemeldet hat. Genau das wird nach SZ-Informationen jedoch weiter vom Wahlprüfungsausschuss des Landtages bezweifelt. Der entsprechende Computerausdruck sei für einen solchen Nachweis „unbrauchbar“, hieß es gestern erneut aus Kreisen des Ausschusses.

Unter Druck gerät Wolfram Köhler aber auch durch seine kürzlich veröffentlichte Biografie, in der er ausführlich den Umzug seiner Familie nach Niedersachsen, den Bezug einer Wohnung dort sowie den aus diesem Grund erfolgten Verkauf seines Riesaer Hauses an Amtsnachfolgerin Gerti Töpfer beschreibt. Juristen sehen unabhängig vom Streit um die Meldeunterlagen bereits darin eine Verletzung der vorgeschriebenen Wählbarkeitskriterien. Ob sich der Prüfausschuss der Einschätzung anschließt und für den Wahlkreis Riesa eine Neuwahl vorschlägt, entscheidet sich nun voraussichtlich am 4. Mai.
Von Gunnar Saft