Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 06.05.2005
Köhler und Lässig lassen Landtag zittern
Ausschuss ordnet weitere Prüfungen an: Neuwahl nicht vom Tisch. Sogar die Koalitionsfrage ist offen.
Eigentlich sollte der Wahlprüfungsausschuss des Landtages am Mittwoch einen Schlussstrich ziehen. Auf der Tagesordnung stand die Entscheidung über die letzten drei Einsprüche gegen die Landtagswahl vom September 2004. Zwei davon gelten als äußerst brisant: Der Fall des Ex-CDU-Abgeordneten Wolfram Köhler, der sein Mandat kürzlich überraschend zurückgegeben hat. Köhler sieht sich immer noch dem Vorwurf ausgesetzt, dass seine einstige Kandidatur ungültig war, weil er nicht wie vorgeschrieben mindestens zwölf Monate vor der Wahl ununterbrochen in seiner Heimatstadt Riesa lebte.
Der zweite Fall betrifft die parteilose Dresdnerin Barbara Lässig. Die wirft der PDS vor, sie durch ein ungesetzliches Verfahren bei der Aufstellung der Landesliste, um einen aussichtsreichen Listenplatz und damit um ein Landtagsmandat gebracht zu haben. Lässig plant notfalls eine Klage vor dem Verfassungsgericht. Im Erfolgsfall droht dann eine Neuwahl in Sachsen (die SZ berichtete mehrfach).
Die Sitzung des Ausschusses endete nun mit einem Paukenschlag. Statt wie erwartet alle Einsprüche endgültig abzulehnen, ordnete das Gremium plötzlich zusätzliche Prüfungen an. Ein Zeichen dafür, dass die Einwände ernst genommen werden. Während der Fall Barbara Lässig auf den 3. Juni vertagt wurde, soll es zu Wolfram Köhler nun ebenfalls eine öffentliche Anhörung im Parlament geben.
Damit ist auch eine Wahlwiederholung im Wahlkreis Riesa nicht vom Tisch. Sollte es wirklich dazu kommen, könnten die Konsequenzen enorm sein. Der Grund ist ein bisher unentschiedener Streit zwischen den Juristen, wie dann mit den zusätzlichen Ausgleichsmandaten umgegangen wird, die nach der Wahl verteilt wurden. Verliert die CDU nämlich beim zweiten Anlauf in Riesa, droht anderen Fraktionen eine Rückgabe der Zusatzmandate. Für die Christdemokraten wäre das ein Glück: Rechnerisch sind sie dann nicht mehr nur auf die SPD als Koalitionspartner angewiesen. Die FDP-Mandate würden zur Mehrheit auch reichen.
Von Gunnar Saft