Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 13.05.2005

Pfiffe für fehlenden Sportsgeist

Attacke auf Milbradt beschert Biedenkopf auch Kritik - Distanz beim Schulterschluss
 
Dresden. Die komplette Bandbreite der Reaktionen auf seine Abrechnung mit Georg Milbradt konnte Kurt Biedenkopf nicht wahrnehmen. Sachsens Alt-Ministerpräsident weilt zur Zeit in China. Stimmen enttäuschter Bürger haben ihn bisher nicht erreicht. übles Nachtreten, wie ein Ex-Verehrer die Veröffentlichung eines bitterbösen persönlichen Briefes bewertet, passt nicht in das Bild, das er von einem weisen König Kurt hatte.

Tief verletzt zeigte sich der Adressat der bitteren Anklage. Georg Milbradt, dem sein Vorgänger die politische Verantwortung für die Missstände bei der Sachsen-LB zuschreibt, verrät Resignation. Offensichtlich mache es keinen Sinn, sich weiterhin um ein gutes menschliches Verhältnis zu Biedenkopf zu bemühen, sagte er.

Die Schallwellen der Schelte lösten auch Alarm beim Generalsekretär der CDU aus. Michael Kretschmer nutzte sie zu einem Entlassungsangriff für seinen angeschlagenen Landesvorsitzenden. Die Partei ist schockiert, viele Menschen sind enttäuscht von Biedenkopf, lautet seine Wertung, um auf eine wichtige Motivation Biedenkopfs für sein Engagement um personelle Konsequenzen bei der Landesbank abzuheben: Hier geht es um familiäre Dinge, die man von öffentlichen trennen sollte.

Milbradt-Rivalen in der CDU, die nach der Biedenkopf-Attacke weitere Morgenluft wittern, hielten sich gestern wohl bedacht zurück. Betont sachlich klingt die Einschätzung von Fraktionschef Fritz Hähle. Er zeigte sich verwundert, dass ein zwei Monate alter vertraulicher Brief veröffentlicht worden sei und drückt die Besorgnis der CDU-Fraktion Über die zusätzliche Beschädigung des Ansehens der Sachsen-LB aus. Wegen des Fehlverhaltens Einzelner sind inzwischen die richtigen Konsequenzen gezogen worden, lässt Hähle verbreiten. Ein verbaler Flankenschutz für Milbradt durch den langjährigen Biedenkopf-Vertrauten fehlt in der Erklärung.

Gegen die Biedenkopf-Behauptung, dem Land sei durch das Handeln der Staatsregierung Schaden entstanden, setzt sich Finanzminister Horst Metz zur Wehr. Auch den Vorwurf, die staatliche Kontrolle habe versagt, weist er zurück.

Mit Sorge betrachte die SPD die Auseinandersetzung zwischen den CDU-Größen. Personelle Streitigkeiten innerhalb der CDU berühren den Koalitionsvertrag nicht, meinte Fraktionschef Cornelius Weiss. Aufklärung der Vorwürfe verspreche der eingesetzte Untersuchungsausschuss, erwartet auch die PDS. Süffisant kommentiert für sie der Jung-Abgeordnete Sebastian Scheel, dass Biedenkopf bei der Sachsen-LB-Affäre von einem Aufklärungseifer getrieben wird, den er bei der Paunsdorf-, Schevenstraße- und Sachsenring-Affäre vermissen ließ.

Fehlenden Sportsgeist bei Biedenkopf registriert Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau. Wenn jemand nachkartert, kommt das nie gut an. Hermenau appeliert an die CDU, Über interne Streitigkeiten nicht die Sanierung der Sachsen-LB infrage zu stellen.
Von Hubert Kemper