Karl Nolle, MdL
DNN/LVZ, 19.05.2005
NPD-Abgeordneter Apfel verliert Beherrschung
Rechtsextremer beschimpft Minister de Maizière als "Arschloch"
Dresden. Dem Betroffenen war die Erregung anzumerken. Mit rotem Kopf stand NPD-Fraktionschef Holger Apfel gestern am Rednerpult im Landtag, dann legte er los. Nichts als "billige Polemik" sei es, wenn Innenminister Thomas de Maizière (CDU) den Rechtsextremen Doppelzüngigkeit vorwerfe; nichts als ein "Ablenkungsmanöver" von CDU-Querelen. Es ging um die aktuelle Debatte zum Thema "Grenze dicht für Lohndrücker", dem NPD-Slogan im Wahlkampf, den die Rechtsextremen nun auch im Landtag neu platzieren wollten.
Doch daraus wurde nichts. Punktgenau zur Debatte war bekannt geworden, dass das NPD-Zentralorgan "Deutsche Stimme" nicht in Deutschland gedruckt wird, sondern im polnischen Jelenia Gora (LVZ berichtete). Aus der Parole "Grenze dicht" war da wenig politischer Gewinn zu ziehen. Entsprechend lautete die Kritik von de Maizière im Vorfeld. Die NPD, so der Ressortchef, agiere "scheinheilig und unverfroren". Gestern legte Antje Hermenau nach. "Die NPD", so die grüne Fraktionschefin, "will nicht Arbeitsplätze in Sachsen schaffen, sondern westdeutsche Parteikader mit sächsischen Steuergeldern versorgen, damit diese sorgenfrei rassistischen Unsinn verfassen, der dann in Polen billig gedruckt wird".
Apfel brachte das erkennbar in Rage. Erst sprach er vom "schmutzigen Pakt der CDU mit den Rotfaschisten der PDS", dann machte er eine "Pogromstimmung" gegen die NPD aus. Schließlich folgte, was den Saal endgültig in Wallung brachte: Er sei geneigt, rief Apfel de Maizière zu, ihm "das entgegen zu werfen, was einst der grüne Außenminister dem Bundestagspräsidenten entgegenschleuderte: ,Mit Verlaub, Sie sind für mich ein Arschloch`". Es hagelte Ordnungsrufe für Apfel im Doppelpack, die Sitzung wurde unterbrochen. Zuvor hatten zahlreiche Abgeordnete - darunter die CDU-Minister Helma Orosz und Stanislaw Tillich - mit lautstarkem Applaus versucht, den NPD-Mann an der Fortsetzung seiner Rede zu hindern.
Doch das war nicht der einzige Punkt, wo es gestern um die rechtsextreme NPD ging. Auf dem Programm stand ebenso die Besetzung des Untersuchungsausschusses zur Affäre um die Landesbank. Das ist zwar ein PDS-Vorstoß, die NPD aber hat das Recht, zwei Mitglieder im Gremium zu stellen. Bei der geheimen Abstimmung zum Personaltableau folgte dann eine kleine Überraschung: Der NPD-Kandidat für einen Stellvertreterposten, Alexander Delle, erhielt im ersten Wahlgang nur zehn Stimmen - eine weniger, als die NPD gestern Abgeordnete zu bieten hatte. Für andere NPD-Kandidaten aber gab es mehr Stimmen, Johannes Müller kam auf 14, Uwe Leichsenring auf 13.
Dabei zog sich das Wahlprozedere bis in den Abend hin. Obwohl die NPD damit gedroht hatte, bis vors Verfassungsgericht zu ziehen, um ihr Recht durchzusetzen, erreichten ihre Kandidaten nicht die nötige Mehrheit. Grund: Zeitweise hatten bis zu 30 Abgeordnete anderer Fraktionen mit Nein gestimmt, statt sich zu enthalten. Punkt 20 Uhr war es dann soweit: Auch Leichsenring, der letzte Kandidat der Rechtsextremen, wurde abgenickt.
Von JÜRGEN KOCHINKE