Karl Nolle, MdL
Frankfurter Rundschau, 21.05.2005
Jetzt rechnet Heitmann mit Biedenkopf ab: Schlammschlacht in Sachsen-CDU geht weiter / Ex-Minister findet Ex-Landeschef "destruktiv"
Keine Woche ohne Krach in der sächsischen Union. Neueste Folge: Ex-Justizminister Heitmann liest Ex-Ministerpräsident Biedenkopf die Leviten.
Dresden · 20. Mai · Die Dauerfehde zwischen Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt und seinem Amtsvorgänger Kurt Biedenkopf (beide CDU) nimmt kein Ende. Nachdem vor einer Woche ein "persönlich/vertraulicher" Brief Biedenkopfs an Milbradt bekannt wurde, in dem der 2002 zurückgetretene Ministerpräsident seinen Nachfolger abkanzelte und ihm den Rücktritt nahe legte, mischte sich am Freitag der frühere Justizminister Steffen Heitmann (CDU) in den Streit. In einem Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung rechnete Heitmann mit Biedenkopf ab und empfahl seiner Partei, einen Schlussstrich unter die Ära Biedenkopf zu ziehen. "Verdienste bleiben Verdienste, aber für die Zukunft hast du uns nichts mehr zu sagen! Denn was du sagst, ist destruktiv", zitiert das Blatt den Dresdner.
Empörend findet Heitmann, dass der Brandbrief an Milbradt offensichtlich aus dem Umfeld Biedenkopfs über den SPD-Landtagsabgeordneten Karl Nolle an die Presse gespielt wurde. Es würde ihn ekeln, sich eines solchen Menschen zu bedienen, so Heitmann. Nolle ist das rote Tuch für die sächsische CDU. Er hatte maßgeblichen Anteil an den Enthüllungen über Biedenkopfs Minimalmiete im Gästehaus der Landesregierung, den Einsatz von Polizisten als Gärtner in Biedenkopfs Haus am Chiemsee oder als Einkaufshilfen für Gemahlin Ingrid. Milbradt habe es geschafft, Privates und Politisches zu trennen, sagte Heitmann. Biedenkopf "hat das nie gekonnt."
"Persönliche Rechthaberei"
Der frühere Justizminister, dem Biedenkopf es nie verziehen hat, dass er auf Wunsch Helmut Kohls einmal Bundespräsidentenkandidat war, warf dem Altministerpräsidenten "persönliche Rechthaberei" vor. Außerdem sei es ungerecht, Milbradt allein das Wahldesaster vom September 2004 anzulasten, als die CDU um fast 16 Prozent einbrach und erstmals die absolute Mehrheit verlor. Biedenkopf trage ganz klar eine Mitschuld, weil er sich damals geweigert habe, Milbradt im Wahlkampf zu unterstützen.
Schließlich wirft Heitmann Biedenkopf Undankbarkeit vor. Bei allen Verdiensten, die der Mann in Sachsen habe: "Wir haben ihn damals geholt." Damals, das war 1990, als Biedenkopfs Politikerkarriere mal wieder am Ende war, gescheitert in der Bundes-CDU, gescheitert in Nordrhein-Westfalen. "Ohne uns säße er immer noch am Chiemsee", sagte Heitmann. Ihm und anderen "Erneuerern" in der sächsischen CDU sei es damals gelungen, den Kompromisskandidaten Biedenkopf durchzusetzen. Hätte er von Biedenkopfs Kontakten zum früheren Dresdner SED-Oberbürgermeister Wolfgang Berghofer gewusst, oder dass sich Biedenkopf schon für den Posten des Landeswirtschaftsministers interessiert habe - womöglich hätte man ihn gar nicht gefragt.
Von Bernhard Honnigfort
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(Karl Nolle: Bemerkung zu der Geschichte vom Biedenkopfbrief - Der faulste Hinterbänkler der CDU ist ein Meister der Desinformation im Auftrag "höherer Mächte".)