Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 07.06.2005

„Das riecht nach Korruption“

Altmarkt-Häuser. Die Stadt jubelt über einen schönen Deal. Die SPD wittert Ungereimtheiten.
 
Der Verkauf der Häuser am Altmarkt zum Dr.-Külz-Ring und der Wallstraße hin soll jetzt ganz schnell gehen. Gestern stellte Finanzbürgermeister Hartmut Vorjohann (CDU) den Medien und dem Finanzausschuss den vorgesehenen Käufer vor. Am Donnerstag steht die Sache zum Beschluss im Stadtrat auf der Tagesordnung. Dann muss sie noch vom Regierungspräsidium als Rechtsaufsicht genehmigt werden.

Für 43,15 Millionen Euro sollen die Immobilien mit der Gesamtfläche von gut 17 000 Quadratmetern einem neuen Eigentümer übertragen werden. Als Käufer schlägt Vorjohann ein Konsortium aus der Augsburger Immobilien AG und der britischen The William Pears Group of Companies (WPG) vor.

Keine Eigentumswohnungen

Vertreter der Patrizia bemühten sich erst einmal, Sorgen der jetzigen Mieter zu zerstreuen. Eine Umwandlung in Eigentumswohnungen „ist in Dresden nicht angedacht“, versicherte Klaus Lemke. Das Konzept sehe vielmehr vor, die Immobilien über 15 bis 20 Jahre zu behalten und in der Zeit zu sanieren und modernisieren. Auch dazu gab es die Zusicherung, dass keine Luxusmodernisierung geplant sei und Erneuerungsmaßnahmen nur nach dem Auszug von Mietern vorgenommen werden sollten. Sie sollten also nicht gedrängt werden, einer Modernisierung und damit höheren Mieten zuzustimmen.

Im Übrigen sollten die Bestandsmieten „in etwa bei der jetzigen Höhe bleiben“, fügte Klaus Kümmerle hinzu. Bei neuen Einzügen würden Marktpreise gefordert. Auch die Gewerbeeinheiten sollten jeweils nach Vertragsablauf saniert werden. Lemke stellte Patrizia im übrigen als ein 1984 gegründetes Familienunternehmen mit 300 Mitarbeitern vor. Als PR-Maßnahme erwähnte er die Patrizia Kinderhaus-Stiftung mit einer Einrichtung in Tansania (Slogan: „Wer wirklich helfen will, muss bei den Schwächsten beginnen.“). Und er stellte eine Niederlassung in Dresden sowie weitere Investitionen im Osten in Aussicht.

Wende zum Aufschwung?

Vorjohann bejubelte das angebahnte Geschäft als Wendepunkt: „Wir haben das internationale Interesse am Immobilienmarkt Dresden geweckt.“ Zum Auswahlverfahren erklärte er, man habe nach mehreren Verhandlungsrunden einen Termin gesetzt und nur nach dem gebotenen Preis entschieden.

Die Information der SZ, es gebe auch ein höheres Angebot, bezeichnete Vorjohann als falsch. Allerdings beklagt sich der Interessent, der mehr bieten wollte, sein Angebot sei zu jenem Termin als das höchste bezeichnet worden. Im Übrigen lobte der Bürgermeister die beiden Firmen: „Sie haben einen außerordentlich guten Ruf der Zuverlässigkeit in der Branche.“ Damit begründete er den Verzicht, Festlegungen wie die „mieterorientierte Instandhaltung“ einklagbar festzulegen. Im Übrigen hätte das den Preis drücken können, heißt es in der Ratsvorlage.

Schlimmer Verdacht

„Das riecht nach Korruption“, sagte SPD-Fraktionschef Peter Lames gestern der SZ. Diesem Verdacht könne nur mit Transparenz begegnet werden, und die werde nicht gewährt. Im Finanzausschuss wurde allerdings der SPD-Antrag abgelehnt, einen weiteren Bieter noch anzuhören. Auch Thomas Blümel stört, dass es „keine bindenden Regelungen“ gebe. Er wies darauf hin, dass sich Patrizia in Hamburg beim Ausbau eines alten Wasserturms zu einem Hotel massive Proteste einer Bürgerinitiative eingehandelt habe. Und die WPG habe in London einen Skandal mit einer Mieterhöhung um 200 Prozent ausgelöst.
Von Stefan Rössel