Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 14.06.2005

Landesbank unter der Lupe des Landtags

Heute tagt erstmals der Untersuchungsausschuss. Doch die Opposition ist gespalten zwischen Aufklärungswillen und Rettungsabsichten.
 
Die Scheinwerfer sind nach Berlin gerichtet. Die Bundestagswahl scheint dem Untersuchungsausschuss die Schau gestohlen zu haben. Nie zuvor hat das höchste Aufklärungsinstrument des Landtags so sanft, fast still die Arbeit aufgenommen wie an diesem Nachmittag. Dabei war selten ein Aufklärungsanlass so ein medialer Dauerbrenner wie die Sächsische Landesbank. Wer hat wann was gewusst? Warum haben die Aufsichtsgremien der Bank versagt? Und vor allem: Wer trägt die politische Verantwortung? All diese Fragen wollen 20 Abgeordnete in den nächsten Monaten klären. Politischer Sprengstoff allemal. Kurz vor einer Wahl umso mehr.

Ende April hatte die PDS die Einsetzung des Ausschusses im Parlament durchgefochten. Jetzt macht sie Druck, denn der Ausschuss soll zumindest noch vor den Wahlen voll angelaufen sein. Drei Sitzungstermine sind bereits in Aussicht. Bereits am dritten Termin, dem 12. September, will die PDS den ersten Zeugen vor dem Ausschuss sehen. Punktgenau vor der Bundestagswahl. Und auch darum von der FDP, die keine „Show-Vernehmungen“ im Ausschuss haben möchte, eher ungern gesehen. „Wir wollen das Ganze nicht für unsere persönliche Profilierung nutzen“, sagt der Liberalen-Obmann Andreas Schmalfuß. „Uns ist wichtiger, dass wir eine schnelle Aufklärung hinkriegen“, weist er auf den parallelen Unterausschuss des Haushalts- und Finanzausschusses hin. Dort wird seit Wochen über eine Neuausrichtung der Bank gesprochen. Und daran scheinen auch die Grünen derzeit mehr interessiert. „Wir sind an sachorientierter Aufklärung interessiert, aber wir dürfen dabei die Landesbank nicht noch mehr schwächen“, warnt Grünen-Obmann Michael Weichert.

Treibende Ausschusskraft bleibt darum die PDS, die zudem mit einem Abgrenzungsproblem gegenüber der NPD ringt. Während die Rechtsradikalen mal wieder auf medialen Klamauk setzen und Alt-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) vorladen wollen, will die PDS darauf „zunächst verzichten“, meint Klaus Tischendorf. Er setzt erst auf Zeugen wie LB-Vorstandssprecher Hans Jürgen Klumpp, den Aufsichtsrat der Mitteldeutschen Leasing AG (MDL), Jürgen M. Geißinger oder den schillernden Geschäftsmann Ludwig Hausbacher.

Koalitionsfrieden gefährdet

Derweil haben CDU und SPD ganz andere Sorgen. Der Ausschuss könnte das ohnehin schwache CDU/SPD-Zweckbündnis erneut auf eine schwere Belastungsprobe stellen. Denn um Zeugen vorladen zu können, müssen mindestens vier Ausschussmitglieder dies einfordern. Die SPD hat aber nur zwei Stimmen, wäre also auf die CDU angewiesen – oder müsste notfalls mit der PDS „fremdgehen“. „Wir werden alles mit unserem Koalitionspartner abstimmen. Schließlich ist auch hier der Koalitionsvertrag bindend“, sagt CDU-Fraktionssprecher Martin Kuhrau und reicht damit der SPD die Hand. Dass Karl Nolle, die Ein-Mann-Opposition innerhalb der SPD, sie ergreift, ist jedoch eher unwahrscheinlich. Denn dieser Sozialdemokrat ist nicht mal von den eigenen Genossen zu bändigen. „Ich habe großes Interesse daran, dass die Dinge so schnell wie möglich aufgeklärt werden“, meint er. Und warnt zugleich: „Das kann man durch Vertuschen und Vernebeln nicht hinkriegen.“
Von Annette Binninger