Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 15.06.2005

Klagewelle gegen Hartz IV

Sachsens Justiz im Stress: Nicht nur in den Sozialgerichten steigt die Zahl der Verfahren.
 
Dresden. Umstrittene Leistungsbescheide bei der laufenden Sozialreform Hartz IV beschäftigen immer häufiger Sachsens Gerichte. Von Januar bis Ende Mai sind bei den zuständigen Sozialgerichten bereits 904 Klagen eingegangen, informierte Justizminister Geert Mackenroth (CDU) gestern anlässlich der Vorstellung der aktuellen Justizstatistik in Dresden. Zudem gibt es bereits 211 Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz von Hartz-IV-Empfängern. Mackenroth kündigte an, die Sozialgerichte bei Bedarf personell aufzustocken. Bisher hat etwa jeder fünfte der knapp 60 000 sächsischen Empfänger des Arbeitslosengeldes II Widerspruch gegen seinen Bescheid eingelegt.

Laut Mackenroth gab es jedoch im vergangenen Jahr auch ohne die Sozialreform einen leichten Anstieg der Klagen vor den Sozialgerichten um 2,1 Prozent, während die Zahl der Verfahren bei den Arbeitsgerichten abgenommen hat.

Insgesamt haben Sachsens Gerichte und Staatsanwaltschaften 2004 über 550 000 Verfahren abgeschlossen. Im bundesweiten Vergleich konnte die Verfahrensdauer bei Zivilsachen deutlich gesenkt werden: auf 3,9 Monate bei Amtsgerichten, auf sechs Monate bei erstinstanzlichen Verfahren der Landgerichte und auf 4,9 Monate für Berufungsverfahren. Gleichzeitig stieg die Zahl der Gefangenen in den zehn sächsischen Justizvollzugsanstalten erstmals seit 2000 wieder an. Durchschnittlich waren im Vorjahr 4 291 Personen inhaftiert. Deutlich zugenommen haben auch Anträge auf ein Insolvenzverfahren (11 107) sowie die eröffneten Verfahren (5 145) selbst.

Laut Mackenroth gehört Sachsens Justiz dennoch zu den effektivsten in der Bundesrepublik. Ausgaben von 467 Millionen Euro jährlich stünden Einnahmen von rund 187 Millionen Euro gegenüber. Das Defizit entspricht rund sechs Euro pro Einwohner und Monat.
Von Gunnar Saft