Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 16.06.2005

„August“ der Retter

Der Freistaat will die Landesbank aus eigenen Mitteln mit 300 Millionen Euro stärken – vorerst.
 
Ausgerechnet „August“ soll die Rettung bringen. Nein, nicht der Starke, sondern vielmehr ein Projektteam aus Finanzexperten, das sich diesen Namen gegeben hat. „August“ ist angetreten, der angeschlagenen Landesbank Sachsen Girozentrale (Sachsen-LB) auf die Beine zu helfen.

Das Sagen im Team hat die Düsseldorfer Unternehmensberatung Droege & Comp. GmbH. Und die empfiehlt in ihrem Zwischenbericht: „Zum Erhalt der Sachsen-LB ist eine signifikante Eigenkapitalzuführung unumgänglich.“ Was „signifikant“ heißt, darüber ist Sachsens Finanzminister Horst Metz (CDU) inzwischen aufgeklärt. „Mindestens 300 Millionen Euro“, urteilen die Droege-Berater, seien notwendig „für den Erhalt und Umbau“ der Bank. Sonst drohe die „Teilabwicklung“. Genau die ist nicht gewollt. Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) pocht auf eine eigenständige Landesbank.

Noch vor der Sommerpause

Das ist für den Ex-Finanzminister und geistigen Vater der Sachsen-LB mehr als eine Prestige-Frage. Mitte Juli fallen die Staatsgarantien weg. Bis dahin muss neues Eigenkapital fließen, sonst bleibt die Benotung der Bank am internationalen Kapitalmarkt so bescheiden wie sie ist.

Der bereits angelaufene Untersuchungsausschuss erschwert die Lage der Staatsregierung ohnehin. Nach SZ-Informationen soll darum der 300-Millionen-Euro-Deal noch vor der Sommerpause unter Dach und Fach sein. Der Freistaat will deshalb selbst zahlen. Das geht aus einem internen Papier der Sachsen-Finanzgruppe (SFG) hervor, der 82 Prozent der Landesbank-Anteile gehören. In dem am Dienstag präsentierten Papier heißt es: „Der Freistaat übernimmt diesen Betrag komplett.“ Vorerst. Denn den anderen SFG-Anteilseignern „wird die Option eingeräumt“, sich später – ihren Anteilen entsprechend – an der Kapitalerhöhung zu beteiligen. Gegen Cash natürlich.

Die finanziell gebeutelte Stadt Dresden müsste zum Beispiel 43,5 Millionen Euro zahlen. Der Sparkassenzweckverband Elbtal-Westlausitz mit den Landkreisen Sächsische Schweiz, Weißeritzkreis, Kamenz und der Stadt Hoyerswerda wäre mit 32 Millionen Euro dabei. Es ist sehr fraglich, ob das die klammen Kommunen und Landkreise erfüllen können oder wollen. SZ-Anfragen in Dresden und beim Landratsamt Sächsische Schweiz blieben unbeantwortet.

Auch der Freistaat schweigt zur Herkunft der benötigten 300 Landesbank-Millionen. Nach SZ-Informationen könnte das Geld jedoch aus Vermögenserlösen kommen, also aus dem Verkauf von Immobilien, Grundstücken oder Firmenbeteiligungen. Der Blick ins freistaatliche Portfolio ist vielversprechend: Allein an der Betreibergesellschaft für das zweite Dresdner Werk des Prozessoren-Herstellers AMD hält Sachsen eine Beteiligung von rund 200 Millionen Euro. Ein solcher „Freikauf“ – wie er bereits beim zweiten Infineon-Werk in Dresden geschehen ist – könnte zwar rasch Geld in die Kasse bringen. Dennoch dürfte das mitten in den sächsischen Sparwochen politischen Zoff verursachen.

Kritik von der SPD

„Angesichts massenhafter Schulschließungen und Lehrerstellenkürzungen kann ich mir nicht vorstellen, dass die SPD ihren bisher ablehnenden Standpunkt zu einer Kapitalerhöhung durch den Freistaat revidiert“, baut SPD-Wirtschaftsexperte Karl Nolle schon mal vor. Doch dass seiner Partei politischer Spielraum bleibt, den Buhmann bei der Rettungsaktion „August“ zu spielen, ist schwer vorstellbar. „Ich hoffe, dass meine Fraktion der Stabilisierung der Landesbank zustimmen wird“, mahnt sogar der oppositionelle PDS-Finanzexperte Ronald Weckesser.

Allein mit dem Verkauf sächsischen Tafelsilbers zur Rettung der Sachsen-LB ist „August“ nicht zufrieden. Das Expertenteam verlangt zudem, Risiken der Bank „im Umfang von zirka vier Milliarden Euro“ abzubauen, zum Beispiel durch den Verkauf inländischer Immobilien. Des Weiteren soll sich die Bank auf Nischen konzentrieren wie die Finanzierung alternativer Energie („Windkraftanlagen im Ausland“). Das letzte Wort darüber haben am kommenden Montag die Anteilseigner. Alle „August“-Pläne werden Makulatur, wenn sie die Ampel auf Rot schalten.
Von Ulrich Wolf und Annette Binninger