Karl Nolle, MdL
DNN/LVZ, 21.06.2005
Sächsisches Finanzierungspuzzle
Leipzig/Dresden. Der Showdown begann um 17 Uhr. In der Konferenzetage der Landesbank Sachsen (Sachsen LB) waren gestern die Anteilseigner zusammen gekommen, um über die Zukunft des Instituts zu entscheiden. Wirkliche Überraschungen wurden jedoch nicht mehr erwartet.
Schließlich hatte Finanzminister Horst Metz (CDU) im Vorfeld deutlich gemacht, was Sache ist: "Zu einer Kapitalerhöhung gibt es keine Alternative", stellte er klar. Und: "Der Freistaat ist bereit, die dafür nötigen 300 Millionen Euro allein zu tragen."
Dieser Auffassung schlossen sich die Anteilseigner gestern offenbar mehrheitlich an, wenn auch nicht ohne heftige Diskussionen, wie aus Teilnehmerkreisen verlautete. So bedeutet der Alleingang des Freistaates auch, dass sich die Anteile der Kommunen an der Sachsen-Finanzgruppe (SFG), die 82 Prozent der Anteile an der Landesbank hält, verringern. Damit verzichten die Städte und Landkreise auf einen Teil der Ausschüttungen. Ein unangenehmes Gepuzzle ums Geld, bei dem die Teilnehmer aber aus einem wichtigen Grund versuchten, an einem Strang zu ziehen.
Sie wollten das Signal senden, das vor allem bei den Rating-Agenturen dringend erwartet wird. Diese fordern das frische Geld, um die Landesbank Sachsen Mitte Juli nach dem Wegfall der Staatsgarantien besser bewerten zu können. Denn nur so kann sich die Sachsen LB künftig am Kapitalmarkt günstig refinanzieren. Andernfalls könnte sie bald die Tore schließen. Das wäre auch schlecht für Herbert Süß, scheidender Vorstandsvorsitzender der OstsächsischenSparkasse Dresden, der zum 1. Juli seine Arbeit als neuer Chef der Landesbank gestärkt aufnehmen soll.
Doch Metz ruft mit seinem Kurs nicht nur Freude hervor. In den politischen Reihen gerät er zunehmend in die Kritik. Nachdem ihm der Koalitionspartner SPD Ende vergangener Woche eine "ausdrückliche Missbilligung" wegen schlechter Informationspolitik ausgesprochen hatte, kommt der Druck jetzt aus der CDU selbst. Viele Unionsabgeordnete seien beim Thema Sachsen LB unzufrieden, "weil sie alles aus der Zeitung erfahren", sagte Ex-Minister Matthias Rößler (CDU) gestern in Dresden. Ähnlich äußerte sich der Chef des Wirtschaftsausschusses, Andreas Lämmel. "Ich habe mich schon gewundert", sagte der CDU-Abgeordnete. Sowohl die Strategie von Metz als auch die Perspektive für die Landesbank seien unklar geblieben.
Hinzu kommt ein für den Finanzminister höchst heikles Argument. "Überall im Land müssen wir Haushaltssperren durchsetzen", meinte Lämmel. Gleichzeitig aber mache Metz 300 Millionen Euro für die Landesbank frei. Das ist auch aus Sicht von Robert Clemen "sehr ärgerlich", weil Dutzende Millionen gerade im Hochschul-und Kulturbereich gekürzt würden, so der Leipziger CDU-Abgeordnete.
Der CDU-Schulexperte Thomas Colditz geht sogar noch einen Schritt weiter. Als Fachpolitiker müsse er Kürzungen und Schulschließungen nach außen vertreten, Metz aber akquiriere hunderte Millionen "wie aus dem Nichts". Er habe dafür "kein Verständnis", fühle sich vom Ministerium "über den Tisch gezogen", so Colditz. Und der Landeschef des CDU-Arbeitnehmerflügels (CDA), Thomas Pietzsch, machte deutlich: Angesichts des Vorgehens von Metz erwarte er "heiße Debatten" in der Fraktion.
Verärgert sind CDU-Fraktionäre vor allem, weil der Finanzminister den zuständigen Arbeitskreis im Vorfeld nicht informierte. "Dafür hatte er einen klaren Auftrag", sagte ein Mitglied gestern, "er hat es aber nicht gemacht".
Dabei ist für den weiteren Fortgang der Querelen um die Landesbank gesorgt. Gestern beschloss der Untersuchungsausschuss, Ludwig Hausbacher noch vor der Sommerpause als Zeugen zu laden. Hausbacher ist Chef der Industrie- und Immobilien Leasing GmbH (IIL), die 49 Prozent an der Landesbanktochter Mitteldeutsche Leasing AG (MDL) hält - und damit einer der Hauptgegner von Metz und Regierungschef Georg Milbradt (CDU). Nicht zufällig hatte er bereits im Vorfeld angekündigt, vor dem Ausschuss das "Ausmaß der Mitwisserschaft" der beiden Kabinettsmitglieder an den verwobenen Geschäftsinteressen der Landesbank zu belegen.
Jürgen Kochinke/Sabine Schanzmann