Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 25.06.2005

Der Bürge Sachsen

Der Freistaat sichert Kredite ab – und geht bewusst ein Risiko ein.
 
Dresden. „Bürgschaften sind ein äußerst erfolgreiches und günstiges Instrument der Wirtschaftsförderung, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen“', so Sachsens Finanzminister Horst Metz (CDU) kürzlich im Bürgschaftsausschuss. Stimmt. Doch das Instrument ist mitunter verstimmt.

Bei Landesbürgschaften verpflichtet sich Sachsen gegenüber den Geldgebern von Unternehmen oder staatlichen Einrichtungen, für deren Schulden im Notfall einzustehen. Dadurch verringert sich das Risiko der Banken. Die Geldhäuser sind eher geneigt, Firmen trotz fehlender Sicherheiten Kredite für neue Investitionen zu gewähren.

Im vorigen Jahr hat Sachsen neue Bürgschaften und Garantien für 518 Engagements übernommen: in Höhe von 130,3 Millionen Euro. Das geht aus einer Übersicht des sächsischen Finanzministeriums hervor. Davon waren allein 26 Millionen Euro für das Sekundärrohstoffverwertungszentrum (SVZ) in Schwarze Pumpe bestimmt. Insgesamt hatte sich bis zum Jahresende ein Bestand an Landesbürgschaften für die freie Wirtschaft von 1,75 Milliarden Euro angesammelt. Der Freistaat bürgt vor allem für Kredite großer Unternehmen, die in Sachsen investieren, und zwar in Höhe von rund 800 Millionen Euro.

Die größten Bürgschaften helfen der Chipindustrie: Der Freistaat steht gerade für 119,4 Millionen Euro Kredite an Advanced Micro Devices (AMD) und für 144 Millionen Euro bei Infineon. Auffällig ist, dass 2004 keine neuen Großbürgschaften bewilligt wurden und BMW in der Liste fehlt. Für den Bau des Leipziger Werkes war nach Angaben des Finanzministeriums keine Bürgschaft notwendig.

Dem Freistaat liegen aber nicht nur die Großen am Herzen. Die Bürgschaftsbank Sachsen unterstützte im vorigen Jahr 469 Engagements kleiner und mittlerer Betriebe, indem sie Kredite und Beteiligungen von insgesamt 84 Millionen Euro verbürgte. Der Anteil des Freistaates an diesem Bürgschaftsvolumen betrug 26,2 Millionen Euro. Damit sollen 7 900 Arbeitsplätze gesichert und 1 600 neu geschaffen werden.

Doch 2004 könnte sich für den Freistaat noch als blutiges Jahr erweisen. Denn fünf der 26 Großbürgschaften wackeln, zwei sind schon ausgefallen. Im schlimmsten Fall müssen 49,8 Millionen Euro für verbürgte Kredite berappt werden. Der Grund: Bürgschaftsnehmer wie zum Beispiel die Görlitz Fleece GmbH oder die Ionity AG in Kamenz meldeten Insolvenz an. Auch die Bürgschaftsbank Sachsen registrierte im vergangenen Jahr 157 neue Schadensfälle mit einem Volumen von 6,9 Millionen Euro.

Im Finanzministerium bleibt man gelassen. „Welche Auswirkungen die als notleidend eingestuften Engagements auf die Ausfallentwicklung haben werden, kann derzeit noch nicht beziffert werden“, heißt es auf Anfrage. Im Durchschnitt werden jährlich Bürgschaften für Großunternehmen von rund zehn Millionen Euro in Anspruch genommen, zeigt die Übersicht des Finanzministeriums.

Den Beamten bereitet das kein Kopfzerbrechen. Der Freistaat habe seit 1992 alle Bürgschaftsanträge geprüft und „dabei kaufmännische Sorgfalt walten lassen“, betont die Ministeriumssprecherin. Das spiegle sich in der geringen Ausfallquote von 4,68 Prozent wider. Änderungen an der Bürgschaftspolitik seien deshalb nicht erforderlich.
Von Nora Miethke und Ulrich Wolf