Karl Nolle, MdL

Handelsblatt Nr. 122, 28.06.2005

Die SachsenLB Eine Landesbank auf Partnersuche

Die SachsenLB braucht eine breitere geschäftliche Basis und einen kapitalstarken Verbündeten
 
HANDELSBLATT, 28.6.2005 BERLIN. Die Landesbank Sachsen Girozentrale (SachsenLB) hat nur knapp eine große Blamage verhindert. Seit einem Jahr wissen die Sachsen, dass sie durch den Wegfall der Staatsgarantien wie Anstaltslast und Gewährträgerhaftung ab Mitte Juli mit einem Rating zurecht kommen müssen, das das Überleben aus eigener Kraft gefährdet. Denn bereits im Juli 2004 stufte die Ratingagentur Standard & Poors die nicht garantierten Verbindlichkeiten der SachsenLB mit dem schlechtesten Rating aller Landesbanken - einem "BBB+" - ein.

Eile tat Not angesichts schwieriger Refinanzierungsbedingungen. Doch erst am 27. Juni dieses Jahres konnten sich die Anteilseigner - der Freistaat und die Träger der Sparkassen - auf eine Kapitalerhöhung von 300 Mill. Euro und Liquiditätshilfen der Sparkassen in Höhe von 5,4 Mrd. Euro für die Landesbank einigen. Ein mühsamer erster Schritt, um das Rating zu verbessern.

Die jüngste Landesbank Deutschlands wurde im Jahr 1992 gegründet und ist ein Paradebeispiel dafür, wie ein öffentlich-rechtliches Institut durch Entscheidungsschwäche der Eigner, politische Intrigen und mangelnde Kommunikation des Vorstands an den Rand des wirtschaftlichen Abgrunds gedrängt wurde. In der Öffentlichkeit wird die SachsenLB als Sanierungsfall wahrgenommen, was sie nicht ist. Die Ergebnisentwicklung spricht für sich. Mit ihrer guten Aufwands-Ertragsrelation gehört sie zudem zu den besten Landesbanken.

Mit den finanziellen Hilfsmaßnahmen kann die SachsenLB nun wieder auf einer sicheren wirtschaftlichen Basis agieren. Doch strukturelle Probleme bleiben. So ist das wirtschaftliche Umfeld der Landesbank schwach, eigene Kunden gibt es kaum. Daraus haben die Eigner Konsequenzen gezogen. Bis Ende dieses Jahres wird sich die SachsenLB mit einer großen Landesbank verbünden. Sowohl die WestLB als auch die BayernLB kommen in Frage. Eine Mehrheitsbeteiligung wird es wohl nicht geben. "Für die Zukunftsfähigkeit Sachsens ist es wichtig, eine Landesbank zu haben, deren Entscheidungskompetenz in Leipzig versammelt ist", lautet das Credo von Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU). Die eingeleiteten Kapitalmaßnahmen sehen die Anteilseigner als Voraussetzung, um mit Partnern "auf gleicher Augenhöhe" verhandeln zu können.

Über Monate schien die Landesregierung wie gelähmt zu sein. Nach den Landtagswahlen im Herbst 2004 ist die bislang allein regierende CDU eine Koalition mit der SPD eingegangen, was die notwendigen Entscheidungen über Hilfsmaßnahmen für die SachsenLB verzögerte. Die Kommunen und Zweckverbände als Träger der Sparkassen zeigten sich zunehmend irritiert über Berichte, die den Vorstand der SachsenLB unter Michael Weiss in ein zwielichtiges Licht rückten. Kritisiert wurde, dass die Lebensgefährtin von Weiss als Chefin einer SachsenLB-Tochter, der MDL Mitteldeutsche Leasing AG, fungierte. Später wurde der Vorwurf erhoben, dass die SachsenLB eine Mitteilung über eine Kapitalerhöhung bei der MDL widerrechtlich vordatiert habe. Seitdem gibt es juristische Auseinandersetzungen zwischen dem MDL-Minderheitsgesellschafter, der IIL Industrie- und Immobilien Leasing GmbH von Ludwig Hausbacher, und dem Mehrheitseigner SachsenLB. Da Hausbacher ein Vertrauter des ehemaligen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf ist und Biedenkopf mit Milbradt zerstritten ist, drängte sich der Eindruck auf, hier wird ein Zwist über Bande gespielt - zum Schaden der SachsenLB. Vorstandschef Weiss und ein weiteres Vorstandsmitglied zogen die Konsequenzen aus den Anschuldigungen und traten im Februar ab.

Auf den designierten Chef der SachsenLB, Herbert Süß, der im Juli antritt, wartet eine Menge Arbeit. Der bisherige Chef der größten ostdeutschen Sparkasse, der Ostsächsischen Sparkasse Dresden, muss viel zerbrochenes Porzellan zwischen den Verbandssparkassen der Sachsen-Finanzgruppe und der Landesbank kitten. Um die SachsenLB als "Verbund- und Spezialbank" zu etablieren, soll die Zusammenarbeit zwischen Sparkassen und SachsenLB "weitaus intensiver" gestaltet werden, heißt es in dem kürzlich gefassten Beschluss der Anteilseigner. Mit ihrer Expertise bei Kapitalmarkt- und Spezialprodukteen soll die Landesbank die Sparkassen unterstützen und deren Kunden den Weg zu internationalen Kapital- und Kreditmärkten ebnen. Selbst will sich die SachsenLB von rund 30 Beteiligungen trennen, um transparenter zu werden. Parallel ist ein Abbau von Risikopositionen in Höhe von 3,5 Mrd. Euro vorgesehen - beispielsweise durch die Aufgabe der inländischen Immobilienfinanzierung. Dies soll Eigenkapital für das Neugeschäft freisetzen.

Die Ratingagentur Standard & Poor s reagierte bislang reserviert: "Das zukünftige Geschäftsmodell und die Rolle, die die SachsenLB innerhalb der Sachsen-Finanzgruppe spielen wird, ist noch unklar", lautete die jüngste Analyse.

Neue Eigentümerstruktur.

Höheres Gewicht: Mit der angekündigten Kapitalerhöhung von 300 Mill. Euro, die der Freistaat Sachsen stemmt, erhöht sich das Gewicht des Landes wieder. Direkt hält der Freistaat an der SachsenLB dann 36,5 Prozent der Anteile. Zuvor waren es - indirekt über die Sachsen-Finanzgruppe - knapp 19 Prozent.

Beteiligung: Noch ist unklar, wer Anteile abgibt, wenn noch in diesem Jahr einer Landesbank eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung eingeräumt wird. Die Anteilseigner denken an eine Beteiligung des Partners zwischen 25,1 Prozent und 49 Prozent.