Karl Nolle, MdL
Dresdner Morgenpost, 12.07.2005
Modell Sachsen
Kommentar von Gerhard Jakob
Da sag einer mal, die Sachsen wären nicht helle. Auch und gerade in der Politik. Landauf, landab immer die gleiche Farbenlehre aus dem Mischkasten: Rot, Dunkelrot, Schwarz, Gelb, Grün - und mittlerweile noch ein paar braune Flecken. Dabei sind die Verhältnisse zwischen Regierung und Opposition immer so klar wie langweilig: Die eine (Regierung) tut, was sie will, die andere (Opposition) stänkert dagegen an - ohne erkennbare Wirkung.
Sachsen dagegen beschreitet eigene, nie begangene Wege. Dieses Land erfand die erste Koalitionsregierung mit eingebauter Opposition. Da ist einmal der Landesvater Milbradt (CDU), eifrig bemüht, Fehlleistungen vergangener Jahre (Stichwort SLB) unterm Teppich zu halten. Auf selbigem sitzt der wackere Knappe Jurk (SPD light), damit ja kein alter Dreck hochwirbelt und die eigene Zukunft trübt. Um genau den Dreck aber hoch zu wirbeln, wirbelt Kugelblitz Karl Nolle (SPD forte), der keine politischen Verwandten kennt, wenn es um Recht und Recht haben geht.
Was braucht's da noch das Gezeter von Grünen und PDS im Landtag? Das erledigt die kleinere Regierungspartei gleich in einem Aufwasch mit. Und auch die Abwehrmaßnahmen sind beeindruckend: Maulkorb für den Widersacher, der von diesem aber schnell wieder abgeworfen wird.
Wie gesagt: alles selbst gemacht, ohne Zutun von außen. Das ist „Politik aus einem Guss", wie sie Frau Merkel bislang noch nicht mal zu träumen gewagt hat. Apropos Merkel. Die designierte Bundeskanzlerin (CDU) ist auf dem besten Weg, das Modell Sachsen noch zu toppen. Wenn wir die Streitereien um Kündigungsschutz, Mehrwertsteuer und Kopfpauschale richtig deuten, bastelt Frau Merkel gerade an einer Koalitionsregierung mit eingebauter Doppel-Opposition, vertreten durch die Herren Stoiber (CSU) und Westerwelle (FDP). Bei so viel Do-it-yourself-Kompetenz sollte man sich überlegen, ob das bisschen Rest-Opposition der übrigen Parteien im künftigen Bundestag nicht gleich abgeschafft werden sollte .