Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 17:20 Uhr, 19.07.2005

Osten kalt abserviert» - Schwanitz warnt vor CDU-Plänen im Fall eines Regierungswechsels

Kretschmer: «Der Schwanitz spinnt doch»
 
Plauen (ddp-lsc). Im Fall eines Sieges der Union bei einer vorgezogenen Bundestagswahl drohen den neuen Ländern nach Auffassung des Staatsministers im Kanzleramt, Rolf Schwanitz (SPD), katastrophale Folgen. Das Wahlprogramm der Union mache deutlich, dass Kanzlerkandidatin Angela Merkel (CDU) «den Osten kalt abserviert» habe, sagte Schwanitz am Dienstag in Plauen. Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer wies die Kritik mit den Worten zurück: «Der Schwanitz spinnt doch».

Schwanitz warf der CDU eine «Bedrohung für Ostdeutschland» etwa durch den vorgesehenen Wegfall des Kündigungsschutzes in Betrieben bis zu 20 Beschäftigten vor. Zwar solle dies nur für Neueinstellungen gelten, jedoch müsste angesichts der hohen Personalfluktuation «damit gerechnet werden, dass der Osten in kurzer Zeit eine kündigungsschutzfreie Zone» werde, da laut Schwanitz rund 92 Prozent aller Betriebe in den neuen Ländern weniger als 20 Beschäftigte haben.

Zudem befürchtet der sächsische SPD-Landesvize «eine flächendeckende Nötigung zum Verzicht auf den Kündigungsschutz», da die Union Arbeitgebern die Möglichkeit einräumen wolle, Arbeitnehmern vor die Alternative Kündigungsschutz oder Abfindung zu stellen: «Bei der enormen Nachfrage nach Arbeitsplätzen im Osten kann sich nahezu niemand dagegen wehren, auf den Kündigungsschutz zu verzichten.»

Wenn die CDU ferner wie geplant die Mehrwertsteuer erhöhe und zugleich die Beitragssätze für die Arbeitslosenversicherung absenke, fehlen laut Schwanitz rund zehn Milliarden Euro in der Arbeitslosenversicherung, da die Länder nicht auf ihre Zusatzeinnahmen verzichten würden. «Das wird zu einem Kahlschlag bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik führen, und das trifft vor allem den Osten», warnte er.

Sachsens CDU-Generalsekretär Kretschmer wies Schwanitz hingegen als Regierungsmitglied eine Mitverantwortung für die «verfehlte Politik» von Rot-Grün zu, die in den vergangenen sieben Jahren zu einem Auseinanderdriften von Ost und West geführt habe. Er stehe «an der Spitze der erfolglosen und glücklosen Politiker im Kabinett von Gerhard Schröder». Das Programm der Union zeige dagegen «einen Weg auf, wie wir neuen Schwung in den Aufbau Ost bekommen». Sachsens CDU sei stolz auf den eigenen Anteil an dem Wahlprogramm der Union.

Schwanitz zufolge redet die CDU derzeit bewusst viel lieber über Personen als über Inhalte. Dass Ministerpräsident Milbradt von ostdeutschen CDU-Politikern als möglicher Bundesfinanzminister ins Gespräch gebracht wurde, hält er für eine «künstliche Debatte». Wenn Milbradt als hervorragender Finanzpolitiker gelobt werde, dann sei das «bedingt schmeichelhaft für eine Person, die derzeit um ihre Reputation als Ministerpräsident ringt».

Milbradt hatte einen Wechsel nach Berlin am Montag mit den Worten abgelehnt, dass es eine wunderschöne Aufgabe sei, den Freistaat Sachsen in einer schwierigen Umbauphase zu regieren.

PDS-Fraktionschef Peter Porsch nannte diese Feststellung nichtssagend. Sachsens Bürger hätten einen Anspruch darauf zu erfahren, ob Milbradt «nur ein Regierungschef auf Abruf» sei.
(Quellen: Porsch in Mitteilung; alle anderen auf Anfrage)
Von Tino Moritz

ddp/tmo/muc
191720 Jul 05