Karl Nolle, MdL

Neues Deutschland ND, 20.07.2005

Arme Union

 
Arme Union. Unverhofft bietet sich der Partei die Gelegenheit, ein Jahr vorfristig das Ruder im Bund zu übernehmen. Und nun das: Die Kasse ist leer, zumindest in Sachsen. 100 000 Euro will die CDU dort in den Wahlkampf investieren, sagt Generalsekretär Kretschmer. Das Problem: Eigentlich hat sie gar kein Geld.

Das einzugestehen, würde Kretschmer nicht einfallen. Offiziell erklärt er nur, dass der Wahlkampf »vor allem über Spenden« finanziert wird. In Bittbriefen an mögliche Geldgeber aber wird man deutlicher. »Ein Wahlkampf ist teuer und aus Mitgliedsbeiträgen nicht zu bestreiten«, erklärt etwa der Dresdner Stadtparteichef Lars Rohwer – und drückt dann kräftig auf die Tränendrüsen. In Sachsen gelte nämlich, dass der politische Gegner »durchaus über Vermögen verfügt«, sagt Rohwer, »die CDU hingegen nicht«.

Das ist bitter. Seit 15 Jahren regiert die Union in Sachsen. Die Verbindung gilt als so eng, dass manche von einer neuen »Staatspartei« und »schwarzem Filz« reden. Jetzt zeigt sich: Der Aufbaueifer ist uneigennützig und hat für die CDU keine Früchte getragen. Sie hat viel Kraft verausgabt – und fast alles Geld.

Die finanzielle Kalamität ist um so ärgerlicher, als die Sachsen-CDU diesmal in wahrhaft historischer Mission unterwegs ist. Sie konzentriert ihre Kraft nicht etwa darauf, den SPD-Genossen unter die Nase zu reiben, was die seit 1998 falsch gemacht haben. Die Sozialdemokraten, die zuletzt in Sachsen noch vier Direktmandate für den Bundestag holten, sind im Land jetzt in eine Koalition eingebunden und werden, so die stille Hoffnung, schon keinen Ärger machen. Zur Brust nimmt man sich auch nicht die NPD, obwohl die beim Kampf um zwei Wahlkreise ihren Ruf als Schande für den Freistaat verfestigen dürfte.

Für die sächsische CDU sind all das aber Nebenbühnen. Wirklicher politischer Gegner ist, wie der Dresdner Ortsvorsitzende schon im Bittbrief Anfang Juli schrieb, »namentlich die PDS«. Landeschef Georg Milbradt sieht das ebenso. »Der Hauptgegner für die CDU in Sachsen ist nicht die SPD, sondern die PDS«, sagt er und wirft der Linkspartei vor, durch Häutung »den alten SED-Mief abstreifen« sowie mit Oskar Lafontaine einen Saarländer auf den Schild heben zu wollen – nach Erich Honecker immerhin schon den zweiten. Schade, dass kein NPD-Idol aus dem Saarland kommt. Von deren Positionen, so Milbradt, sei der »Vulgärmarxismus« der Linkspartei nicht weit entfernt.

Das ist eine aus profunder Sachkenntnis geborene Analyse, deren an fehlendem Geld scheiternde Verbreitung sehr ärgerlich wäre. Noch aber sind die Hoffnung sowie die freiheitlich-demokratische Grundordnung nicht verloren. Noch gibt es Bittbriefe wie den von Lars Rohwer. Das Spendenkonto bei der Stadtsparkasse Dresden hat die Nummer 3 120 003 599. Die sächsische CDU braucht unsere Hilfe.
Von Hendrik Lasch