Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 21.07.2005

Metz in der Misere

Landesbank-Affäre. Sachsens Finanzminister Horst Metz kämpft ums politische Überleben.
 
Eine Fernreise hat Horst Metz gar nicht erst geplant. Er hätte sie ohnehin verschieben müssen. Während fast alle seine Kabinettskollegen im Urlaub Kraft schöpfen für den nahenden Bundestagswahlkampf, bleibt Sachsens Finanzminister zu Hause. In genau zwei Wochen wird er auf der harten Zeugenbank des Untersuchungs-Ausschusses im Landtag sitzen, alles andere als ein Platz an der Sonne. Diesmal wird es eng für Metz.

Kommende Woche wird er sich mit seinen engsten Beratern im Ministerium zusammensetzen, Akten und Papiere wälzen, eine Taktik ausmachen, was er sagen kann und muss ins Kreuzverhör zur Dauer Affäre um Sachsens Landesbank. Zu lange hat er gezögert, zu lange die Dinge laufen lassen. Jetzt haben sie ihn eingeholt, quasi überrollt, binnen weniger Wochen. Und Metz steht noch immer etwas ungläubig daneben, staunend, wie all das geschehen konnte, wie die Dinge so außer Kontrolle geraten konnten.

Schlechtes Krisenmanagement, diese Kritik kommt sogar von zwei Kabinettskollegen. Der peinliche Ausschuss-Auftritt des Finanzchefs am 4. August, heißt es, wäre vermeidbar gewesen, wie vielleicht der ganze Untersuchungs-Ausschuss, wenn Metz und Milbradt früher gegengesteuert hätten. Jetzt sind sie nur noch die Getriebenen.

Protz und Prunk

Doch es geht nicht nur um eine Ungenauigkeit, eine Fehlentscheidung, sondern gleich um eine ganze Kette von Versäumnissen bei der Landesbank. Um Protz und Prunk, eine Schmuddel-Affäre mit Liebschaften, einem zu teuren Dienstwagen mit Anhänger-Kupplung für die Luxus-Yacht. Die Vorstände Michael Weiss und Rainer Fuchs mussten inzwischen gehen. Doch ganz verschwunden sind sie nicht, nur in die zweite Reihe getreten, bei vollem Gehalt samt Dienstwagen bis Vertragsende 2007. Ein teures Vergnügen für den Freistaat. Und ein politisch fragwürdiges Vorgehen, wenn sich später herausstellen sollte, dass die Justiz „freispricht“, wo die Politik mitverurteilt hat.

Während das Wörtchen Rücktritt sogar in den eigenen Fraktionsreihen schon geflüstert wird, die Opposition es, wie es sich eben für die Opposition gehört, gar schon herausschreit, schließt Metz das aus. Noch. Zumindest offiziell. „Es gibt keinen Grund, auf irgendeine Art klein beizugeben“, sagt er. Hinter den Kulissen gilt der 60-jährige gebürtige Mecklenburger jedoch längst als geschwächt. Sogar als leicht amtsmüde, als ein Austauschkandidat, falls es bis 2007 zu einer Kabinettsumbildung kommt.

Der Mann mit dem schlohweißen Weihnachtsmann-Bart und der stets akkurat nach hinten gekämmten Tolle über der Stirn, ist ein Urgestein der sächsischen CDU. Optisch ein Typ wie der liebevolle Großvater aus dem Märchenbuch, herzlich, bodenständig und nahbar, mit einem Händchen für wichtige Verbindungen, Personen und Kontakte. Das ist sein eigentliches Talent, nicht irgendwelches Detailwissen. Dafür sind andere da.

Seit 1990 sitzt Metz in Sachsens Landtag, von 1996 an als finanzpolitischer Sprecher, ab 1999 dann zusätzlich als Fraktions-Vize. Als Milbradt 2002 auf den Stuhl des Ministerpräsidenten wechselt, lässt Ex-Finanzminister Milbradt Finanzpolitik á la Milbradt durch Metz weiterführen. Dessen tiefe Loyalität verringert die Gefahr, dass er dem Chef dazwischenfunken könnte. Ein geschickter Schachzug, von und für Georg Milbradt, vor allem für seinen eigenen Stand in der Fraktion. Metz besaß die Sympathie-Punkte in der CDU-Fraktion, die dem Regierungschef fehlten. Mehrfach war die Fraktion bei der Besetzung lukrativer Kabinettsposten leer ausgegangen. Jetzt hatte es wieder mal einer von ihnen auf die Regierungsbank geschafft.

Sie sind zwei enge politische Weggefährten, Milbradt und Metz, doch die Landesbank-Affäre hat nun Risse verursacht im Vertrauen zueinander. Metz wollte in der Affäre früher eingreifen als Milbradt, durfte aber nicht. Glaubwürdigkeit hat Metz auch in der Fraktion verloren. Als es um die Kapital-Erhöhung bei der Landesbank ging, ist die Strategie zwischen ihm und Milbradt längst geschmiedet. Ausgemacht ist eine Kapitalspritze von 300 Millionen Euro aus der Landeskasse für die Bank. Doch ohne Information an oder Rat von der Fraktion. „Aber ich konnte doch nichts sagen, bevor die Anteilseigner nicht zugestimmt haben“, verteidigt Metz sich später, ganz Formalist. Da türmen sich seine Augenbrauen über den weit aufgerissenen Augen zu weißen Wipfeln. „Nein, das geht doch nicht!“, explodiert er entsetzt. Eine ausholende kreisende Armbewegung vollendet den dramatischen Auftritt.

Große Gesten, aber selten große Worte. Das ist Metz‘ Sache so gar nicht. Er ist kein Redner, hält sich lieber an einem Stück Papier fest; wie vor wenigen Tagen, als er im Landtag noch einmal seine Erklärung vom Vortag verliest, mit verschwitzten Händen, hastig atmend vor Aufregung. „Ich habe kein Angebot gemacht“, verteidigt er sich. Nein, er habe nicht im April am Rande des Landespresseballs, so die Aussage eines Zeugen, um zwei Uhr früh mit einer kubanischen Zigarre zwischen den Fingern in entspannter Runde ein Millionen-Ding gedreht. Ein hübsches Sümmchen von bis zu 35 Millionen Euro soll Metz ins Spiel gebracht haben im Dauer-Streit um den Wert der Anteile der Mitteldeutschen Leasing AG (MDL). Dahinter steht ein seit Jahren tobender Millionen-Streit zwischen dem Freistaat und der bayerischen IIL GmbH mit Ludwig Hausbacher an der Spitze.

Ein Streit, den der Freistaat, den Metz nicht in Griff bekommen hat, in dem er sich an die Wand hat drücken lassen. Von „Erpressungsversuchen“ ist jetzt gar die Rede. Doch auf der Welle der Empörung treibt die Regierung, nicht etwa IIL-Chef Ludwig Hausbacher. Der steht am Steuer und lenkt den Millionen-Poker und die politische Inszenierung namens Untersuchungsausschuss.

Schutzschild für Milbradt

Metz kann loslassen von seinem Amt. Doch das wird er nur tun, wenn er es wirklich muss. Dabei könnte er längst gehen, seine Altersversorgung gilt als gesichert. Doch solange er als Schutzschild für Milbradt dienen kann und muss, bleibt Metz. Dass er am 4. August im Untersuchungsausschuss das Kreuzfeuer von Fragen unbeschadet übersteht, bezweifeln viele, die ihn kennen.

Wird Metz öffentlich in die Enge getrieben, packt ihn vielleicht Panik, dann könnte seine Aussage gar gefährlich werden. Seine Berater könnten ihm empfehlen, die Aussage zu verweigern. Das stünde Metz auch besser: staatsmännisch zu schweigen. Ja, diese Rolle könnte ihm sogar gefallen.
Von Annette Binninger