Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 19.08.2005

Wirbel um INES-Ermittler

 
Dresden. "Das war der Anfang vom Ende", orakelte gestern ein prominenter Jurist, "die Festung INES soll sturmreif geschossen werden." Gemeint ist die Antikorruptionseinheit der Staatsanwaltschaft, die eines ihrer prominentesten Mitglieder verloren hat: Staatsanwalt Andreas Ball, der unter anderem gegen Ex-Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) und im Fördermittelskandal um die Weiterbildungsgesellschaft QMF ermittelte, wurde versetzt. Hintergrund sei eine umfangreiche Organisationsveränderung, verlautbarte die Staatsanwaltschaft Dresden.

Ob die Dinge so einfach liegen, ist zweifelhaft. Immerhin ermittelt die Staatsanwaltschaft Chemnitz wegen Verrats von Dienstgeheimnissen gegen Ball. Es wird ein Verantwortlicher für das Auftauchen eines Pressefotografen bei der Durchsuchung in Schommers Haus im Mai gesucht, das Teile der sächsischen CDU auf die Palme brachte. Landtagsfraktionschef Fritz Hähle sprach gar von einer "politischen Hexenjagd".

"Das Verfahren gegen meinen Mandanten wird eingestellt", gab Balls Anwalt Ulf Israel zu verstehen und ergänzte: "Die Versetzung ist gegen den Willen von Herrn Ball veranlasst worden." Das riecht nach politischer Einflussnahme, vermutet Rechtsanwalt Michael Sturm, der für die SPD ein Bundestagsmandat gewinnen will. "Die Versetzung eines Mitarbeiters gegen seinen Willen ist insbesondere im Zusammenhang mit der Affäre Schommer ein deutliches Zeichen."

Der PDS-Landtagsabgeordnete Klaus Bartl, ebenfalls Rechtsanwalt, sprach von einer instinktlosen Personalpolitik im Verantwortungsbereich der Staatsregierung. Er will per Kleiner Anfrage die Hintergründe für die Versetzung von Ball erfahren. Effektive Korruptionsbekämpfung werde im Keim erstickt, wenn Staatsanwälte gemaßregelt würden, die gegen führende Politiker ermitteln.

Das Justizministerium habe die Versetzung nicht veranlasst, betonte Sprecher Martin Marx. "Das ist eine Angelegenheit der Staatsanwaltschaft Dresden, auf die wir keinen Einfluss nehmen." Es seien keinerlei Korrekturen an Profil, Aufgaben, Kompetenzen und Strukturen von INES geplant. "Dafür gibt es überhaupt keinen Anlass." Im November werde eine Prüfung der organisatorischen Struktur von INES beginnen. "Das ist aber ein normaler Vorgang, der lange geplant war und in keinem Zusammenhang mit Ermittlungsverfahren steht", so Marx.
Th. Hartwig