Karl Nolle, MdL

DIE WELT, 30.08.2005

Justiz in Sachsen soll Journalisten ausspioniert haben

 
Dresden - Sachsens Justizminister Geert Mackenroth (CDU) gerät wegen rigiden Vorgehens gegen einen Staatsanwalt und einen Journalisten aus Dresden unter Druck. Von beiden Betroffenen hat die Staatsanwaltschaft Chemnitz mit Kenntnis des Ministeriums dienstliche und private Telefonkontakte, Anruflisten und angeblich sogar Bankdaten durchleuchtet. In der Rechtspraxis werden solche tiefen Eingriffe in die Privatsphäre und den Informantenschutz meist nur bei Kapitalverbrechen angewandt.

Der Dresdner SPD-Bundestagskandidat Michael Sturm forderte den Rücktritt Mackenroths. Der Minister sagte vor Journalisten, das Ministerium habe nicht eingegriffen. Die Pressefreiheit sei von dem Fall zwar berührt, nicht aber verletzt worden.

Hintergrund des Streits ist die Suche nach einer "undichten Stelle" in der sächsischen Antikorruptionseinheit "Ines". Nachdem Ende Mai in der Boulevardpresse ein Foto von einer Razzia bei Ex-Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) erschienen war, sprach die CDU von "politischer Hexenjagd" und einer "Rufmordkampagne". Die Staatsanwaltschaft Chemnitz ermittelt seither gegen den beschuldigten Kollegen wegen des Verdachts der Verletzung von Dienstgeheimnissen und versuchter Strafvereitelung im Amt. Der Staatsanwalt war bis vor kurzem bei der Antikorruptionseinheit "Ines" tätig, wurde nun aber gegen seinen Willen abberufen. Die Schwere des Tatverdachts habe es gerechtfertigt, seine Telefondaten mit richterlichem Beschluß abzurufen, sagte Oberstaatsanwalt Bernd Vogel. Der SPD-Abgeordnete Karl Nolle warnte dagegen, das Ausspähen von Personen dürfe 15 Jahre nach der Wende nicht wieder zum Instrument politischer Einschüchterung werden. svh