Karl Nolle, MdL
Freie Presse Chemnitz, 31.08.2005
Schnüffelattacke gegen Journalisten wird Nachspiel haben
Landtagsfraktionen verlangen Aufklärung - Kabinett bestätigt Ministerkurs - Verfassungsrechtler widerspricht Staatsanwaltschaftschef
Dresden. Die Affäre um die von der Chemnitzer Staatsanwaltschaft ermittelten Telefonverbindungsdaten eines Dresdner Journalisten wird ein Nachspiel im Landtag haben. Die Koalitionsfraktionen von CDU und SPD forderten die Staatsregierung gestern auf, dem Parlament Auskunft über die Hintergründe der Ermittlungsmethoden zu geben. Die PDS-Fraktion kündigte zudem einen Antrag an, wonach der Landtag die Erfassung der Telefon-Kontaktdaten als „nicht hinnehmbaren Eingriff` in die gesetzlich garantierte Pressefreiheit verurteilen soll.
Justizminister Geert Mackenroth (CDU) verteidigte dagegen gestern im Kreise seiner Kabinettskollegen erneut die umstrittene Auswertung von Telefon-Verbindungsdaten eines Boulevardjournalisten. Die Kabinettsriege habe Mackenroth bestätigt, dass er „den richtigen Weg" eingeschlagen habe, so Regierungssprecher Thomas Raabe.
Mackenroth steht unter Beschuss, seitdem bekannt ist, dass die Staatsanwaltschaft auf der Suche nach einer undichten Stelle in der Sonderermittlungseinheit „Ines" Telefondaten des Journalisten überprüft hat. Ziel war es, dessen Nähe zum inzwischen versetzten Staatsanwalt Andreas Ball nachzuweisen. Ball geriet in Verdacht, Dienstgeheimnisse verraten zu haben, nachdem der Boulevardjournalist bei einer Hausdurchsuchung bei Ex-Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) zeitgleich mit den Ermittlern präsent war.
Hinter vorgehaltener Hand üben selbst CDU-Abgeordnete Kritik an Mackenroth. Er sei ebenso wie kürzlich Finanzminister Horst Metz in der Affäre um die Sächsische Landesbank blindlings in eine Falle gestolpert. Schützenhilfe für den Minister leistet Fraktionschef Fritz Hähle. Man könne keine schwarzen Schafe in den Reihen der Staatsanwaltschaft dulden. Gegen den Vorwurf, er habe mit Kanonen auf Spatzen schießen lassen, setzt sich der Chemnitzer Staatsanwaltschaftschef Wolfgang Schwürzer zur Wehr. Paragraf 100g der Strafprozessordnung stelle nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts das Strafverfolgungsinteresse höher als das Recherche-Interesse der Medien. Anders sieht das der Dresdner Verfassungsrechtler Jochen Rozek: Bei der Beschaffung von. Verbindungsdaten handele es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in das Fernmeldegeheimnis und in die Pressefreiheit. (hk/ddp)