Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 01.09.2005

Das Komplott: 48 Ermittler in den Fängen der Krake

 
DRESDEN - Die perfide Spitzel Attacke auf die Morgenpost war nur die Spitze des Eisbergs. Jetzt kommt raus: Nicht nur, dass Justizminister Geert Mackenroth (55, CDU) höchst persönlich grünes Licht für den Schnüffelangriff auf die Morgenpost gab (Morgenpost berichtete). Die Hauptakteure von Staatsanwaltschaft Chemnitz, Generalstaatsanwaltschaft und Ministerium schmiedeten auch noch ein gigantisches Komplott gegen die Pressefreiheit: Die staatlichen Schnüffler wollten nicht nur einen Journalisten ausspionieren, sondern am liebsten alle - selbstverständlich mit Wissen des Ministers.

Was klingt wie üble Stasi-Methoden, ist bittere Realität in Sachsen. Denn als der ermittelnde Chemnitzer Staatsanwalt Oliver Möller (35) und sein Chef Wolfgang Schwärzer (41) Anfang Juni die Schnüffel-Beschlüsse (LKA, INES, Morgenpost) an den Generalstaatsanwalt Jörg Schwalm sandten, lag ein brisanter Bericht bei.

In diesem schilderten die Ermittler minutiös die geplante komplette Durchleuchtung von 48 teils hochrangigen Mitarbeitern von LKA und INES. Sie wollten unbedingt herausfinden, ob auch nur ein Kollege, „wenn schon nicht mit dem Journalisten Ronny Klein, so doch eventuell mit einem anderen Journalisten der Dresdner Morgenpost oder 'dem Mitarbeiter einer anderen Zeitung kommuniziert hat". Im Klartext: Möller und Schwürzer wollten aus den Telefonverbindungsdaten ihrer eigenen Kollegen alle Journalistenkontakte herausfiltern. Dies bestätigte gestern Oberstaatsanwalt Schwärzer . auf schriftliche Nachfrage einfach mit „Ja".

Ein brisantes Geständnis. Denn die geplante Aktion der Staatsanwälte wäre praktisch eine Rasterfahndung in den eigenen Reihen gewesen - ohne den geringsten greifbaren Verdacht gegen auch nur einen der Betroffenen. Obwohl die Aktion eindeutig illegal war, gaben Generalstaatsanwalt und Justizminister ihren Segen. Damit nicht genug. Als das Amtsgericht Chemnitz die Aktion stoppte, versuchten sie es noch einmal beim Landgericht - und kassierten noch eine Ohrfeige.

Und das alles nur, weil Ex Minister Kajo Schommer (CDU) bei der Razzia im Pyjama fotografiert worden war (Morgenpost berichtete exklusiv).