Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 08.09.2005

Bisschen Freiheit

Kommentar von Gerhard Jakob
 
Das war sie also, die Sondersitzung im Landtag zum Thema Spitzelangriff auf die Presse. Es wäre freilich naiv gewesen, zu erwarten, dass die Staatsregierung - in persona der Justizminister - ein Schuldbekenntnis ablegen und Besserung geloben würde.

Aus Sicht dieser Regierung war es ja schon ein bedauerlicher„Unfall", dass die Fakten über die Ausforschungen überhaupt ans Licht kamen. Jetzt heißt die Verteidigungslinie: die Deutungshoheit halten. Und so bekamen Abgeordnete und Öffentlichkeit auch gestern wieder das ewige Regierungsmantra zu hören:
1. Alles lief nach Recht und Gesetz.
2. Alles nicht so schlimm.

Tatsächlich gilt auch hier die alte Weisheit: Ständige Wiederholungen machen eine falsche Sache nicht richtiger. Denn ob die Staatsregierung tatsächlich rechtmäßig heimlich die Kontaktdaten der Presse ausspähen durfte, wird eben nicht per Ordre de Mufti eines Ministers festgelegt, sondern im Streitfall durch Gerichte.

Genauso unbewiesen ist die zweite sture Behauptung der Regierung. Ist es wirklich „nicht so schlimm", wenn Journalisten künftig schon zum Schutz ihrer Informanten davon ausgehen müssen, dass da jemand mithört, mitliest oder zumindest registriert, wer da mit wem Kontakt hat? Ist es wirklich „nicht so schlimm", dass Anti-Korruptionsermittler um den Erfolg ihrer Arbeit fürchten, weil sich Informanten nicht mehr trauen, anzurufen?

Mit der Pressefreiheit ist es wie mit der Schwangerschaft. Sie gibt's - oder sie gibt's nicht. Diese Staatsregierung hat den gefährlichen Irrglauben, dass es auch „ein bisschen" gibt ...