Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 13.10.2005

Grummeln über Jurks Führungsstil

 
Dresden. Als Erster meldete sich Gunter Weißgerber zu Wort. Sachsens SPD-Chef Thomas Jurk, meinte der Leipziger SPD-Bundestagsabgeordnete vor rund einer Woche, habe als Wirtschaftsminister "viel um die Ohren", aber immerhin sei er um Ausgleich bemüht. Das freilich gelte nicht für alle in der Sachsen-SPD.

Einige aus dem politischen Umfeld von Jurk würden schlicht "Zwietracht in der Partei säen" - "seine Hofstrategen in zu großen Schuhen".

Mit dieser indirekten Attacke auf Jurk hat Weißgerber die Tonlage vorgegeben. Mittlerweile legen andere Sozialdemokraten nach - und gehen den Landeschef unmittelbar an. Erst warf Barbara Wittig, immerhin Landesvize hinter Jurk, ihrem Chef in einem Schreiben Versagen vor. Jurk sei nicht in der Lage, "die Parteiarbeit zu koordinieren", "fehlender Mut und Unfähigkeit zur Kommunikation gehen einher mit Führungsschwäche". Und jetzt schlägt Ex-Landeschefin Constanze Krehl in dieselbe Kerbe. "Jurk muss sich als Vorsitzender um die Partei kümmern", lautet der Einwand, "das macht er derzeit nicht."

Dabei würzt auch Krehl ihr Statement mit einer herben Attacke. Im SPD-Landesvorstand werde "zu wenig strategisch gedacht", Jurk sei "misstrauisch, will nichts riskieren". Folge sei, dass der Unterbezirk Leipzig, der bei der Bundestagswahl das beste SPD-Ergebnis im Freistaat geholt habe, in der Landespartei eine zu geringe Rolle spiele. "Unsere Hochburg in Sachsen wird ins Abseits gestellt", sagt Krehl und denkt nicht zuletzt an Weißgerber. Deshalb schlägt sie den Bundestagsabgeordneten als SPD-Sprecher im Freistaat vor - als "Geste der Aussöhnung".

Damit geht der Zwist zwischen eher staatstragenden Sozialdemokraten um Weißgerber und dem gemäßigt linken SPD-Flügel um Jurk in eine neue Runde. Gleichzeitig aber zielt die Kritik auf ein entscheidendes Problem. Die Landesgeschäftsstelle setzt keine politischen Duftmarken, es fehlt ein Generalsekretär wie Michael Kretschmer bei der CDU. Laut Wittig droht der SPD damit Gesichtsverlust in der Koalition, die Partei erscheine "nur als willfähriger Erfüllungsgehilfe der CDU".

In der SPD-Fraktion stößt dies auf Kopfschütteln. Mit ihrem Brief setze Wittig "das falsche Signal", meint Fraktionsvize Stefan Brangs, das Vorgehen sei "destruktiv" und "bloßer Frustabbau". Grund: Barbara Wittig wollte erneut in den Bundestag, war aber bei der Wahl knapp gescheitert. Für Brangs ist das Ausdruck eines "seltsamen Stils". Seit Jahren sitze Wittig als Parteivize im Landesvorstand. Das, was sie kritisiere, habe sie selbst mit entschieden.
Jürgen Kochinke