Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 26.10.2005

Mühevolle Suche nach einem Minister

Regierung. Der Weggang von Thomas de Maizière lenkt den Blick erneut auf die dünne Personaldecke der CDU im Freistaat.
 
Selten war ein Job so wenig begehrt. Wäre damit nicht ein wichtiges Regierungsamt verbunden, könnte der Stuhl des Innenministers nach dem Wechsel von Thomas de Maizière (CDU) ins Berliner Kanzleramt gar länger leer bleiben. Denn der hinterlässt nicht nur eine große Lücke, sondern mit der Verwaltungsreform eine Riesen-Baustelle und dazu ein nach der Polizeireform noch immer zerstrittenes Haus. Das Suchraster für den Spitzenposten ist also anspruchsvoll: versierter Politiker, Verwaltungsfachmann, möglichst Jurist soll der Neue sein, zudem krisenfest und „fronttauglich“.

Eine Kombination, die in der CDU-Landtagsfraktion kaum zu finden ist, auch wenn Volker Bandmann und Marko Schiemann das innenpolitische Feld seit Jahren ehrgeizig beackern. Doch selbst eine externe Besetzung des Postens, so ist in Parteikreisen zu hören, gilt derzeit als eher unwahrscheinlich. Und der Griff in die „Regional-Kiste“ scheint zu riskant. Zwei, drei Landräte sollen schon dankend abgewinkt haben, bevor bei ihnen das Telefon mit dem Angebot hätte klingeln können. Für alle gälte: Wer jetzt auf die andere Seite wechselt, lässt sich vom Gärtner seiner ursprünglichen Regional-Interessen zum „Bock“ der Regierung machen.

Minister-Rochade?

Dass die Personaldecke der Union dünn ist und wie ein Seiden-Hemdchen im Herbstwind flattert, zeigt nicht nur die Suche nach einem, der de Maizières große Fußstapfen ausfüllen könnte. Wer an der Decke zieht, lässt die Partei an anderer Stelle zittern – ein Dauerproblem der Sachsen-Union: Kein CDU-Kandidat für die Dresdner OB-Wahl in Sicht, der Kandidat für das Leipziger OB-Rennen um die Nachfolge von Wolfgang Tiefensee (SPD), der als Verkehrsminister gen Berlin zieht, wird auch noch gesucht.

So könnte Regierungschef Georg Milbradt am Ende doch nur eine kleine „Minister-Rochade“ bleiben, um das Innenressort neu zu besetzen. Der Name von Staatskanzleichef Hermann Winkler fällt dabei derzeit häufiger als der seiner Staatssekretärin Andrea Fischer. Fischer werden kaum noch Chancen eingeräumt. Zu schlecht ist ihr Stand in Partei und Fraktion. Aber auch Winkler, gerade erst eingearbeitet, gilt als frei von jeglichen Wechselambitionen. Da auch Kultusminister Steffen Flath kaum die Rolle als Dauer-Sisyphus einnehmen will, bliebe Justizminister Geert Mackenroth, ein politisches „Ziehkind“ de Maizières. Mackenroth hat zwar jüngst durch sein ungeschicktes Vorgehen in der Telefon-Affäre deutliche Kratzer abbekommen, gilt dennoch als mögliche „Tausch-Variante“. Zudem könnte diese Lösung auch die Fraktion befrieden, indem deren rechtspolitischer Sprecher Günther Schneider als Justizchef ins Kabinett einrückt.

Alles reine Spekulation, heißt es aus der Staatskanzlei, um das Tempo aus dem Namens-Karussell zu nehmen – mit Verweis auf das langsame Berliner Polit-Karussell. Doch intern heißt es, dass de Maizières Stuhl bereits kurz nach dem CDU-Landesparteitag am übernächsten Wochenende wieder so gut wie besetzt sein könnte. Während de Maizière bereits mit Teilen seines neuen Teams im Zug nach Berlin sitzt.

Und dazu wird nach SZ-Informationen nicht nur sein Büroleiter Stephane Beemelmans, sondern vielleicht auch Sachsens Ex-Regierungssprecher Michael Sagurna gehören. Er gilt als heißer Kandidat für einen Posten im Kanzleramt. „Ich sage dazu gar nichts“, blockte Sagurna gestern selten wortkarg ab.
Von Annette Binninger