Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 13.12.2005

Interview: Landesbank-Perspektive

"Ganz fix Abteilung Ost der West LB"
 
Ulli Gericke ist Ostdeutschland-Korrespondent der Börsenzeitung.

Frage: Herr Gericke, wird es die Landesbank Sachsen in fünf Jahren noch als eigenständiges Institut geben?

Ulli Gericke: In Rheinland-Pfalz kommt die Landesbank als selbständiges Institut daher, das eine eigene Marke besitzt, seine eigene Geschäftsführung hat und sein lokales Geschäft vor Ort betreibt - allerdings der Landesbank Baden-Württemberg gehört. Aber so lange die Tochter gute Zahlen abliefert, darf sie auch ein eigenes Firmenschild an der Tür haben und eigene Politik machen. Dieses Modell sehe ich auch für die Sachsen LB - wohl als Tochter der West LB. Mit dem gleichen Damoklesschwert: Wenn es nicht läuft, ist Leipzig ganz fix nur noch die Abteilung Ost der großen Mutter.

Aber zurzeit bemüht sich die Bank doch stark, ihren Stand zu verbessern - auch im Sinne der Eigenständigkeit.

Die wichtigste Rating-Agentur, Standard & Poor's, bewertet die Sachsen LB zur Zeit mit einem BBB+ - damit ist sie die schlechteste Landesbank im Konzert. Das macht es für die Bank teuer, sich selbst Geld zu beschaffen. Es wird auch schwer, diese Bewertung zu verbessern. Denn das von S & P bemängelte Grundproblem bleibt: Der Wirtschaftsraum, den die Bank beackert, ist extrem schwach. Diesen Makel hätte aber jede ostdeutsche Landesbank. Um dennoch das schlechte Rating anzuheben, hat der Freistaat Eigenkapital zugesagt. Zudem hat die Bank ihre Strategie geändert: die Sparkassen werden als Partner entdeckt, die lokale Ausrichtung wird wichtig. Das kann die Landesbank stemmen.

Selbst der Einstieg der West LB ist offenbar an ein A-Rating gekoppelt. Gibt es also gar keine Perspektive?

Das würde ich so nicht sehen. Natürlich wird sich eine West LB nie ihr eigenes Rating durch ein neues Engagement zerstören lassen. Aber wenn Sie sich die Größenverhältnisse anschauen, ist diese Gefahr sehr gering: Den Elefanten West LB kratzt es wohl nicht, wenn die Maus, die er schluckt, leichten Durchfall hat. Zumal die Maus gegen ihr Manko ankämpft.

Heißt das im Umkehrschluss, dass die Maus Sachsen LB unter den Gegebenheiten schon so gut dasteht, wie sie kann?

Das wünscht sich der Vorstand sicherlich. Bislang sind wir an dem Punkt, dass das Land demnächst Geld geben wird, um die Eigenkapitalausstattung zu verbessern. Und wir haben die neue Strategie des Vorstandes. Dazu kommt der Willen und das Wohlwollen der Sparkassen, die sich übrigens mit dem neuen Vorstandschef viel besser aufgehoben fühlen als mit seinem Vorgänger. Vorstand und Eigner der Landesbank haben Standard & Poor's aufmerksam zugehört, wie sie ihr Rating verbessern könnten. Doch noch ist kein einziger Baustein gesetzt, kaum ein Vertrag unterzeichnet.

Den Worten müssen also Taten folgen.

Exakt. Und dann wird man im kommenden Herbst sehen, ob das Ergebnis auch Standard & Poor's überzeugt.

Die Affären der letzten Zeit haben nicht nur drei von vier Vorständen den Job gekostet, sondern auch massiv am Renommee der Bank gekratzt. Spielt das für die Bewertung eine Rolle?

Maßgeblich sind die Zahlen. Vorstände kommen und gehen. Zumal Querelen auch in anderen Häusern vorkommen, dort aber nicht wie in Sachsen auch Mittel eines politischen Streits und damit öffentlich werden.

Eine Rolle spielt aber die neue Nähe der Sachsen LB zu den Sparkassen. Das ist eine 180-Grad-Wende - der Griff nach dem rettenden Strohhalm?

Zweifelsohne. Aber auch die West LB ist lange in der großen weiten Welt herumgetanzt und entdeckt auf einmal die heimischen Sparkassen als Verbundpartner wieder. In Bayern ist es nicht anders: Man entdeckt, dass die Heimat ihren Charme hat - den der stetigen soliden Umsatz- und Gewinnmöglichkeiten.

Und die machen eine neu ausgerichtete Sachsen LB dann auch für die West LB interessant?

Offenbar. Die Quizfrage bei einer Kooperation ist allerdings, ob die Sachsen etwas mit den Bank-Produkten anfangen können, die im reicheren West-LB-Land konzipiert wurden und ihnen nun über ihre Landesbank am Sparkassen-Schalter angeboten werden.
Interview: Lars Radau