Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 10.01.2006

Sachsen LB muss Risiken ausradieren

 
Leipzig/Plauen. Die Landesbank Sachsen (Sachsen LB) wird in ihrer Bilanz für das gerade abgelaufene Geschäftsjahr 2005 höchstwahrscheinlich wieder einen dreistelligen Millionenbetrag für Wertberichtigungen und Risikovorsorge ausweisen müssen. Nach Informationen dieser Zeitung soll der Betrag "in etwa auf Vorjahresniveau" liegen - 2004 hatte der Sachsen-LB-Konzern 109 Millionen Euro aufgewendet.

Gleichzeitig feierten die Banker damals das "bislang beste operative Ergebnis seit der Gründung": Vor Risikovorsorge und und Bewertungsmaßnahmen hatte das Betriebsergebnis bei 160,6 Millionen Euro gelegen.

Davon ist für 2005 keine Rede mehr: Nach internen Planungen werde die Bank nur ein Betriebsergebnis von 123 Millionen Euro vor Vorsorge und Bewertungen ausweisen, heißt es in der Branche. Sachsen-LB-Sprecher Frank Steinmeyer wollte das auf Anfrage ausdrücklich nicht kommentieren. Er verwies aus die Bilanzpressekonferenz, die die Bank für Ende März geplant habe. "Vorher reden wir nicht öffentlich über Zahlen."

Deren Größenordnung ist nach Einschätzung von Branchen-Beobachtern aber realistisch - auch vor dem Hintergrund des Interesses der Düsseldorfer West LB an der einzigen ostdeutschen Landesbank. "Es ist Stil der West LB, vor einem Engagement Tabula rasa zu machen und alle Risiken auszuräumen", sagte ein Experte. West-LB-Chef Thomas Fischer sei bei seinem Amtsantritt auch im eigenen Haus so vorgegangen. Bislang haben die Nordrhein-Westfalen und die Sachsen eine Kooperationsvereinbarung geschlossen, die noch 2006 in einer mindestens 25,1-prozentigen Beteiligung der West LB münden soll. Sie prüft zurzeit die Bücher der Sachsen LB.

In denen schlummern nach Ansicht von Kritikern wie dem SPD-Landtagsabgeordneten Karl Nolle indes noch einige Zeitbomben. "Das Thema Real ist noch nicht ausgestanden", ist Nolle überzeugt. In die gemeinsam mit dem Hamburger Kaufmann Lutz Ristow gegründete Immobilientochter hatte die Bank notleidende Objekte in Leipzig und Dresden eingebracht - und nach Intervention der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bereits in der Bilanz 2004 zusätzlich elf Millionen Euro für Risikovorsorge aufwenden müssen. Aus Sicht der Bank ist danach weiterer Wertberichtigungsbedarf "nicht erkennbar", der Landtagsabgeordnete bleibt skeptisch. "Inzwischen sollen auch einzelne Objektgesellschaften insolvent sein", sagte er gestern.

Unstrittigen Bedarf für Wertberichtigungen gibt es dagegen bei der Plauener Werkzeugmaschinenfabrik Vogtland GmbH (Wema), an der die Sachsen LB aktuell 49 Prozent hält. Das Engagement war die Landesbank Mitte der Neunziger auf ausdrücklichen Wunsch des damaligen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf und seines Finanzministers und heutigen Amtsnachfolgers Georg Milbradt eingegangen. Seitdem hatte das Institut die Wema mehrfach mit üppigen Finanzspritzen vor dem Konkurs gerettet - zuletzt flossen 2004 rund zwölf Millionen Euro. Kritiker gehen davon aus, dass die Bank dabei vor allem ihr Rekord-Ergebnis im Blick hatte - eine Insolvenz hätte die Sachsen LB nach dieser Zeitung vorliegenden Papieren im schlimmsten Fall mit gut 78 Millionen Euro belastet. Doch mittlerweile scheint sich Licht am Ende des Tunnels abzuzeichnen. Wema-Chef Franz Margraf zeigte sich gestern optimistisch, für dieses Jahr ein "ausgeglichenes Bilanzergebnis" erzielen zu können. Zudem bestätigten er und Landesbank-Sprecher Steinmeyer, dass es "optimistisch stimmende" Gespräche mit Kaufinteressenten gebe. Sollte sich ein Verkauf realisieren lassen, hätte das nach Ansicht von Experten auch für die Sachsen LB einen entscheidenden Vorteil: Die tatsächlichen Verluste des Wema-Engagements ließen sich "über mehrere Jahre in der Bilanz verteilen."
Lars Radau