Karl Nolle, MdL

DNN, 07.03.2001

PDS-Chef: Stasi-Akte spricht im Zweifelsfall für Berghofer

Unterstützung für Roßberg denkbar
 
DRESDEN. Die Spitze des PDS-Stadtverbands hat mit den jüngsten Veröffentlichungen zur Stasi-Vergangenheit von Wolfgang Berghofer kein Problem. Die Partei wusste laut Stadtchef Michael Schrader, dass Berghofer IM war, auch wenn man die Akte nicht gekannt habe. Die DNN hatten gestern berichtet, dass der als weiterer Herausforderer von CDU-Mann Herbert Wagner gehandelte letzte SED-Oberbürgermeister von 1971 bis 1981 als IM "Falk" tätig war.
Schrader betrachtete die Aktivitäten Berghofers als Mielke-Spitzel als "ziemlich banal". Im Zweifelsfalle spreche die Stasi-Akte eher für Berghofer. "Es ist beileibe nicht ehrenrührig, dass die Stasi die Zusammenarbeit mit ihm abgebrochen hat", sagte er den DNN. "Wenn Joschka Fischer mit seiner Vergangenheit Außenminister bleiben kann, dann kann Berghofer durchaus Oberbürgermeister von Dresden sein."
Berghofer selbst, der nach seinem Abgang als Dresdner OB 1990 Unternehmensberater in Berlin wurde, lehnte gestern eine Stellungnahme zu seiner Stasi-Akte ab. "Ich bin jetzt im Urlaub", sagte Berghofer nach Angaben der Deutschen Presseagentur. Ob er bei der OB-Wahl im Juni antritt, ist laut PDS-Chef Schrader weiter offen. Gegenüber einem Geheimtreffen mit Ex-Parteichefin Christine Ostrowski vor drei Wochen soll es keinen neuen Stand geben. Ostrowski, die auf eine Kandidatur Berghofers drängte, hatte sich nach dem Treffen frustriert gezeigt, weil der Ex-OB die Entscheidung weiter offen hielt.
"Ich denke, wenn er nicht bald aus dem Knick kommt, verringert er seine Chancen beträchtlich", sagte Schrader. Vor einem Monat hatte eine Umfrage eines Dresdner Forschungsinstituts Berghofer knapp vor OB Wagner und deutlich vor FDP-Mann Ingolf Roßberg gesehen. Roßberg hat vor zweieinhalb Wochen erklärt, für die Bürgerinitiative "OB für Dresden" anzutreten und wird von SPD und Grünen unterstützt.
Schrader mochte gestern nicht ausschließen, dass auch die PDS dort noch ins Boot steigt: "Wir haben immer gesagt, dass er nach wie vor eine Option für uns ist." Wen die Partei unterstützt, sollen die PDS-Mitglieder bei einer Vollversammlung am 28. April knapp sechs Wochen vor der Wahl endgültig klären. Schrader geht davon aus, dass 600 bis 700 der 2700 Dresdner PDS-Genossen teilnehmen werden.
(Stefan Alberti)