Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 14.02.2006

FDP-Fraktionschef Zastrow will Arbeit des Landtags straffen

 
Dresden. Phil Connors steckt in einer Zeitschleife fest. Albtraumhaft erlebt er wieder und wieder denselben Tag - Entkommen unmöglich. FDP-Fraktionschef Holger Zastrow geht es manchmal genauso wie dem Helden der US-Komödie "Und täglich grüßt das Murmeltier". Und zwar meist dann, wenn er an Sitzungen des Sächsischen Landtags teilnimmt. "Im Plenum führen wir in immer kürzeren Abständen die immer gleichen Debatten", kritisiert Zastrow. Das Ansehen des Parlaments werde durch dieses "Rumgequatsche" massiv beschädigt, der Landtag zu einer "Quasselbude" degradiert.

Viele Anträge seien ohne Sinn und Verstand und nicht würdig, in einem Parlament behandelt zu werden, moniert Zastrow. "Ich weise nur auf das Lob des Anglerwesens, des Jagens oder des sächsischen Weinbaus hin - solche Anträge sind schon vorher Konsens und nutzen weder den Betroffenen, noch der Öffentlichkeit."

Für leere Reihen in den Plenarsitzungen sorge jedoch nicht nur die Belanglosigkeit der Debatten. Grundproblem sei, dass die verschiedenen Fraktionen ähnliche Anträge zum gleichen Thema stellten, die die Sitzungsdauer unnötig verlängerten. "Diese Redundanz können wir uns in Zukunft nicht mehr leisten. Nach einer Debatte muss das Thema umgehend in den zuständigen Ausschuss überwiesen werden", so Zastrow.

Um Mehrfachdebatten zu vermeiden, schlägt der FDP-Vorsitzende vor, die Sächsische Gemeindeordung zu übernehmen. Dort regelt Paragraph 36, ein Thema erst auf die Tagesordnung zu setzen, "wenn der Gemeinderat den gleichen Verhandlungsgegenstand nicht innerhalb der letzten sechs Monate bereits behandelt hat oder wenn sich seit der Behandlung die Sach- oder Rechtslage wesentlich geändert hat".

Zastrow ist nicht der erste, der seinem Unmut über ausufernden Landtags-sitzungen Luft macht: Bereits im Oktober vergangenen Jahres bezeichnete CDU-Fraktionschef Fritz Hähle das sächsische Parlament als "Schwatzbude" und forderte eine Änderung der Geschäftsordnung. Hähles Radikalkur: Die Fraktionen sollten weniger Anträge stellen dürfen, wodurch eine Straffung der Tagesordungen und eine Beschränkung auf zwei Sitzungstage erreichen werden sollte - Vorschläge, mit denen auch die FDP gut leben könnte.

Doch Hähles kühner Vorstoß ist vorerst gescheitert: "Für die Koalition waren die Änderungsvorschläge der anderen Fraktionen nicht akzeptabel", sagt Heinz Lehmann, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion. Bei sechs Fraktionen sei eine Beschränkung auf zwei Sitzungstage zunächst nicht zu machen.

André Hahn, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linkspartei, ist erbost über das Scheitern der Initiative: "Fakt ist, dass die CDU in der eigenen Fraktion keine Mehrheit für sinnvolle Vorschläge zusammen bekommt. Hähle wurde offensichtlich von den eigenen Leuten hängen gelassen."

Angesichts der verhärteten Fronten brütet die FDP-Fraktion nun zunächst in einer eigenen Arbeitsgruppe über eine Parlamentsreform. "Wir streben eine Amtszeitbegrenzung sowie eine stärkere Mischung unterschiedlicher Berufsgruppen im Landtag an", sagt Zastrow. Wer zu viel Zeit in den parlamentarischen Mühlen verbringe, werde ein Gefangener des Systems. Das Murmeltier lässt grüßen.
Ellen Großhans