Karl Nolle, MdL

Lausitzer Rundschau Hoyerswerda, 03.03.2006

Heute Schadenersatz-Urteil gegen SachsenLB erwartet

Streitgegner IIL hofft jedoch auf neue Beweise im Mammutprozess
 
Eine der spektakulärsten Finanz- und Polit-Affären der vergangenen Jahre in Sachsen findet heute vor dem Landgericht Leipzig voraussichtlich ihr vorläufiges Ende. Im Schadenersatz-Streit zwischen der Landesbank Sachsen (SachsenLB) und ihrer langjährigen Geschäftspartnerin, der Tutzinger Industrie- und Immobilien Leasing GmbH (IIL), wird das Urteil erwartet.

Die IIL verlangt von der Landesbank Schadenersatz in Höhe von 140 Millionen Euro. Während die Bank nun das Ende der seit Jahren andauernden juristischen Auseinandersetzungen erwartet, wünscht der Prozessgegner IIL allerdings seinen Fortgang. Der bisherige Schriftwechsel beider Seiten vor Gericht habe noch viele Fragen offen gelassen, sagt der IIL-Sprecher Andreas Waldow. Beide Seiten seien immer noch sehr weit auseinander und neu aufgetauchte Fakten sprechen seiner Einschätzung nach dafür, dass der Richter heute keinen Schlussstrich ziehen, sondern möglicherweise erneut in die Beweisaufnahme gehen wird.

Bei den angeblich neuen Fakten handelt es sich unter anderem um eine im Januar aufgetauchte eidesstattliche Versicherung eines Privatdetektivs, der für die Chefin der Mitteldeutschen Leasing AG (MDL), Andrea Braun, dem IIL-Chef Ludwig Hausbacher Kontakte zur Russenmafia und zur NPD nachweisen sollte. Über diesen Umweg sollte, so berichtete das „Manager Magazin“, Hausbacher diskreditiert und die Landesbank wieder günstig in den Besitz des 49-Prozent-Anteils an der MDL kommen.

In dem seit rund zwei Jahren währenden Streit wirft die IIL der Landesbank vor, das gemeinsame Tochterunternehmen MDL absichtlich in den Bankrott gewirtschaftet zu haben. Ziel sei auch hier gewesen, die IIL-Anteile an der MDL günstig übernehmen zu können. So habe die SachsenLB im Jahr 2003 zugesagte Darlehen gekappt, worauf der Wert der MDL innerhalb weniger Monate von 360 auf 80 Millionen Euro gesunken sei, argumentierte die IIL bei der mündlichen Verhandlung Anfang Dezember vor der 6. Zivilkammer des Landgerichts. Zudem habe MDL-Chefin Andrea Braun das Neugeschäft der MDL eingestellt, sodass das Unternehmen gar keine Chance gehabt habe, sich zu erholen.

Die SachsenLB hat die Vorwürfe bisher zurückgewiesen. Die einzige ostdeutsche Landesbank sieht dem heutigen Richterspruch gelassen entgegen. Man sei optimistisch, dass die Schadenersatzforderung, zumindest in dieser Höhe, abgelehnt werde, sagte Banksprecher Frank Steinmeyer.

Dabei ist der Streit um Schadenersatz nur ein Schauplatz von mehreren. Anfang 2004 war es zunächst um angeblich zu große Dienstwagen und bereits auch schon um Bespitzelungen gegangen. Außerdem sorgte die Beziehung zwischen Braun und dem ehemaligen Chef der Landesbank, Michael Weiss, in dieser Gemengelage für Schlagzeilen.

Die Affäre nahm an Schärfe zu, als es im Streit mit der IIL um viel Geld ging. Weil der Verdacht der Urkundenfälschung nicht ausgeräumt werden konnte, nahmen Weiss und Vorstandskollege Rainer Fuchs im Februar 2005 ihren Hut. Als durchsickerte, dass Weiss’ Nachfolger Hans-Jürgen Klumpp offenbar eine undichte Stelle im Unternehmen war und Interna nach außen trug, musste auch er im November vergangenen Jahres gehen. Mit der Aufsichtspflicht der Politik über die Landesbank befasst sich seit Juni 2005 auch ein Untersuchungsausschuss des Landtages. Zurzeit wird die SachsenLB von Herbert Süß geführt.
Von Matthias Hasberg