Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 18.03.2006

Lesehungrige Vögel

Sächsisch betrachtet von Annette Binninger
 
AUF der Suche nach den wirklich wichtigen Themen dieses Landes hat der Landtag in dieser Woche eine sensationelle Entdeckung gemacht: die Vogelgrippe. Auch wenn der Freistaat bisher glücklicherweise noch nicht über den Befund eines Gänse-Schnupfens hinausgekommen ist – trotzdem gut, wenn auch wir mal drüber geredet haben, dachten sich die Parlamentarier. Das Ergebnis der fast einstündigen Vogel-Debatte strotzte vor verbalen Höhenflügen. Kostprobe von Volkmar Heinz, CDU-Abgeordneter aus dem schönen Vogtland: „Sollten Sie morgens beim Blick in den Spiegel Krähenfüße entdecken, da kann ich Sie beruhigen“, rief er den Abgeordneten aufmunternd zu. „Das hat gar nix mit der Vogelgrippe zu tun.“ Das Fazit der Debatte brachte jedoch die SPD-Landtagsabgeordnete Liane Deicke auf einen denkwürdigen Höhepunkt: „Die Vogelgrippe ist eine Vogelgrippe. Deshalb heißt sie auch Vogelgrippe.“ Danke.

FAST so schwer Verdauliches hatte sich auch Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) vorgenommen. Bücher lesen müsse eine Selbstverständlichkeit sein, forderte er zur Eröffnung der Leipziger Buchmesse. Ein Buch sei „ein Grundnahrungsmittel“, so Milbradt. Und: „Lesen können ist das Essbesteck.“ Aha. Aber trotzdem: Guten Appetit.

ZULETZT noch zum Aufreger der Woche: Karl Nolle. Macht der SPD-Sonderermittler den Abflug aus seiner eigenen Fraktion, mit der er im Dauerclinch liegt? Oder sinkt das affären-erprobte sozialdemokratische Schwergewicht diesmal zu Boden? Am Freitag gab es das erste zaghafte „Lebenszeichen“ des tagelang „untergetauchten“, leicht verschnupften Landtagsabgeordneten. Er habe SPD-Landeschef Thomas Jurk nicht als „inkompetenten Wirtschaftsminister“ bezeichnet, widersprach Nolle ungewohnt kleinlaut einer Medienmeldung vom Vortag. Und fügte in gewohnt vitaler Manier hinzu, er freue sich auf den Untersuchungsausschuss zur Landesbank am Montag. Auf in den Kampf, Genossen ...