Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 22.06.2006

Ludwig-Nachfolge umkämpft

Kabinett. Die SPD-Basis drängt beim Parteichef Jurk auf mehr Mitsprache.
 
Wenige Tage vor der entscheidenden Runde bei der OB-Wahl in Chemnitz ist innerhalb der sächsischen SPD erneut eine Personaldiskussion entbrannt. Dabei geht es um die Nachfolgerin der amtierenden Wissenschaftsministerin Barbara Ludwig, die wahrscheinlich am Sonntag neue SPD-Oberbürgermeisterin in der westsächsischen Stadt wird. Ausgerechnet im SPD-Unterbezirk Erzgebirge sind dann aber viele Genossen sauer, weil sie bei der Entscheidung über eine Nachfolgerin nicht einbezogen werden. Parteichef Thomas Jurk dürfe diese Personalie nicht im Alleingang entscheiden, heißt es. Vielmehr müsse er klare Kriterien für die Kandidatenauswahl benennen und sich danach unbedingt mit den Gremien beraten. Mehrere Ortsvereine kündigten entsprechende Protestbriefe an Jurk an.

Hintergrund des Unmuts ist die aktuelle Außenseiterrolle von Simone Raatz. Die 43-Jährige ist hochschulpolitische Sprecherin in der SPD-Landtagsfraktion und damit automatisch Anwärterin auf den Posten der Wissenschaftsministerin. Raatz spielt bei den Personalüberlegungen der SPD-Oberen jedoch bisher keine Rolle. Weder hat man mit ihr über eine Berufung oder Nichtberufung gesprochen noch gibt es Anzeichen, dass sie im Fall der Fälle angesprochen wird. Aus Sicht etlicher Sozialdemokraten ist das ein klarer Affront gegen die eigene Landtagsfraktion.

Tatsächlich gelten die Landrätin Petra Köpping (Leipziger Land) und die frühere Bundeschefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Eva-Maria Stange als die beiden einzigen aussichtsreichen Kandidatinnen. Kritiker halten jedoch Köpping mangelnde Erfahrung vor und befürchten bei Stange zu viel gewerkschaftlichen Starrsinn im Ministeramt. Kein Wunder, dass noch andere Genossinnen Morgenluft wittern. So ließ sich jetzt auch Pia Findeiß, Sozialdezernentin aus Zwickau, als Ministerin ins Gespräch bringen. Ihre Chancen sind allerdings minimal. „Wer aus dem Rathaus Zwickau kommt, ist automatisch aus dem Rennen“, heißt es nur süffisant in der SPD-Spitze angesichts der landesweit bekannten maroden Finanzlage der Stadt.
Von Gunnar Saft