Karl Nolle, MdL
DNN/LVZ, 23.08.2006
Illtgen in Zugzwang
Dresden. Eigentlich wollte Christopher Metz in den vergangenen Tagen ein wenig ausspannen. Die Parlamentsarbeit ruhte, der Landtagsdirektor erschien entbehrlich. Doch es kam anders. Metz musste seinen Urlaub vorzeitig abbrechen, tauchte in der letzten Woche höchstselbst im hohen Hause auf - erkennbar genervt. Grund dafür hat er allemal: Seit Tagen sorgt der Spitzenbeamte mit einer Serie von Peinlichkeiten und Regelverletzungen für Negativschlagzeilen, es geht um Italientrips und seinen regen Dienstwagen-Gebrauch.
Hier besteht einiger Klärungsbedarf, und es drängt die Zeit. Bereits morgen trifft sich das Landtagspräsidium zur Krisensitzung, auf dem Programm steht nicht zuletzt der Bericht von Ex-Innenminister Klaus Hardraht (CDU) zu dienstrechtlichen Konsequenzen. Zusätzlich prekär wird die Lage wegen der Opposition. FDP-Fraktionschef Holger Zastrow hat einen 27-Punkte-Katalog an Landtagspräsident Erich Iltgen (CDU) geschickt, gespickt mit Fragen - von den rechtlichen Grundlagen des Dienstwagen-Gebrauchs bis hin zu Fortbildungskursen durch eine mit Metz verbandelte Firma.
Weiter aufgeheizt wird die Stimmung durch neue Ungereimtheiten. Und wie bereits im Vorfeld geht es auch hier um Privatfahrten und bizarre Details. Dabei rückt neben dem Direktor ein weiterer leitender Mitarbeiter des Landtags in den Mittelpunkt. Der gilt nicht nur als Vertrauter des Direktors, sondern war auch mit diesem per Dienstkarosse auf Steuerzahlerkosten privat nach München unterwegs - zusammen mit der Freundin des Direktors und seiner eigenen. Grund: Auch die beiden Freundinnen sind befreundet.
Die Bayern-Trips der "Viererbande" (Landtagsjargon) sind zwar formalrechtlich kein Problem, solange Metz selbst am Steuer saß. Politisch-moralisch aber werfen sie erneut ein Licht auf die eigenwilligen Gepflogenheiten im hohen Hause. Hinzu kommt die Tatsache, dass eben jener führende Landtagsmitarbeiter auch schon mal einen Dienstfahrer für private Kurierdienste eingesetzt hat - ebenfalls für die Freundin. Als diese ihren Schlüssel vergessen hatte, wurde ihr dieser per Staatskarosse frei Haus geliefert.
Dieses Gespinst aus Interna und Privatverbandelungen bringt nicht zuletzt Iltgen in Zugzwang. Vor zwei Wochen hatte sich der Landtagspräsident hinter Metz gestellt, was nicht nur die Opposition in Wallung bringt. Längst schütteln auch Koalitions-Abgeordnete von CDU und SPD bis hin zu Ministern den Kopf über Metz. Und einige kündigen bereits intern an, sie würden in Kürze den Rücktritt des Spitzenbeamten fordern - "egal, wie der Bericht von Hardraht ausfällt".
Das eint sie ausnahmsweise mit der Linksfraktion. "Wenn Herr Iltgen seine Position nicht noch weiter schwächen will, muss er handeln", sagt deren Parlamentarischer Geschäftsführer André Hahn. "Der Präsident hat die Privilegien für seinen Spitzenbeamten zu verantworten, jetzt muss er personelle Konsequenzen ziehen." Etwas vorsichtiger ist Antje Hermenau. "Das Präsidium sollte Nägel mit Köpfen machen", meint die grüne Fraktionschefin. Dabei müsse sich das Gremium darüber verständigen, "ob und wie bisherige Privilegien eingeschränkt werden können".
Ähnlich argumentiert Heinz Eggert (CDU). "Erstmal muss der Bericht vorliegen", sagt der Ex-Innenminister, dann werde entschieden. Klar sei aber ebenso: "Der Fall ist das Problem des Landtagspräsidenten." Gleichzeitig kündigt Eggert an, er werde im Finanzausschuss den Antrag stellen, die Einstufung des Direktors um zwei Stufen zu reduzieren. Bisher firmiert Metz - im Gegensatz zu den Gepflogenheiten in vielen anderen Landesparlamenten - auf gleicher Ebene wie ein Staatssekretär. Doppelte Folge: Er erhält B 9 West (8457 Euro Grundgehalt plus Zulagen), gleichzeitig kann er aber auch jederzeit gekündigt werden - ohne Angabe von Gründen.
Jürgen Kochinke