Karl Nolle, MdL

Agenturen dpa, 17:27 Uhr, 25.08.2006

Bund soll im Welterbe-Streit vermitteln - Land verteidigt Haltung

 
Dresden (dpa/sn) - Im Konflikt um den Welterbestatus für das Elbtal in Dresden soll nun der Bund vermitteln. Der Kulturausschuss im Bundestag werde sich dem nicht verschließen, wenn die Stadt das wünsche, sagte Ausschussvorsitzender Hans-Joachim Otto am Freitag der dpa. Das Gremium will auf seiner nächsten Sitzung am 6. September über den Fall beraten. Die Bundesregierung selbst könne schneller eingreifen, sagte Otto. Dem Dresdner Elbtal droht die Aberkennung des UNESCO-Welterbetitels, weil in dem Gebiet eine Brücke entstehen soll.

In Dresden sind die Fronten zwischen Befürwortern und Gegnern des Bauwerkes verhärtet. Über einen Baubeginn für das 160 Millionen teure Objekt hat nun das Verwaltungsgericht zu befinden. Grund dafür sind Entscheidungen im Stadtrat und Reaktionen des Regierungspräsidiums als Aufsichtsbehörde. Sie hatte am Freitag gegen den Willen der Stadt Bauleistungen für die Brücke ausgelöst. Dagegen ging das Stadtparlament erneut juristisch vor. Nach Ansicht der grünen Stadträtin Eva Jähnigen ist damit das Stadium «absoluter Konfrontation» erreicht.

Selbst in der Landesregierung wurde das Vorgehen des Regierungspräsidiums unterschiedlich bewertet. «Was das Land tut, ist der Vollzug von Recht und Gesetz», verteidigte Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) das Handeln der Landesbehörde und verwies auf den Bürgerentscheid vom Februar 2005. Damals hatte eine Mehrheit der Dresdner für den Bau der Brücke gestimmt. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt ein Streit mit der UNESCO nicht absehbar. Laut Milbradt könne weder Bundes- noch Staatsregierung an dem Bürgerentscheid etwas ändern. Die UNESCO sei damals beim Antragsverfahren für den Welterbetitel auf die geplante Brücke hingewiesen worden.

Milbradts Stellvertreter und Verkehrsminister Thomas Jurk (SPD) äußerte sich kritisch: «Ich halte das Vorgehen des Regierungspräsidiums für rechtlich nicht geboten. In einer so schwierigen Situation darf man nicht mit dem Kopf durch die Wand, sondern sollte alle Ermessensspielräume ausnutzen.» Wenn Dresden den Weltkultur-Erbe-Status verliere, sei das ein Imageschaden für die Stadt, aber auch für Sachsen und für Deutschland. «Wenn die Stadt also auf uns zukommt, werden wir uns nicht verschließen und bei der Suche nach einem Kompromiss behilflich sein.» Die Grünen forderten die Regierung anschließend zu einer klaren Positionierung auf.

Der Dresdner Stadtrat hatte am Donnerstagabend beschlossen, beim Auswärtigen Amt und beim Kulturstaatsminister um Moderation zwischen den verhärteten Fronten der Brückengegner und -befürworter zu bitten. Der Präsident der Deutschen UNESCO-Kommission, Walter Hirche, sah in einem Interview mit der «Süddeutschen Zeitung» (Freitag) ebenfalls in erster Linie den Bund gefordert. «Die Bundesregierung steht in der völkerrechtlichen Verpflichtung, sie hat die Verträge ratifiziert, die Grundlage aller Welterbe-Aktivitäten sind», sagte er.

Bundestags-Ausschussvorsitzender Hans-Joachim Otto ist überzeugt, dass in Dresden Brücke und Titel möglich sind. «Das Problem ist ja nicht die Brücke an sich, sondern deren Ausgestaltung.» Es sei klar dass auch der Wille der Dresdner berücksichtigt werden müsse, die sich im Februar 2005 mehrheitlich für eine Brücke ausgesprochen hätten. Gleichwohl warnte er davor, den Welterbetitel durch ungeschicktes Agieren leichtfertig aufs Spiel zu setzen. «Das ist auch für Deutschland wichtig. Dresden muss den Titel behalten.»

dpa su yysn gj
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