Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 05.09.2006

Landesbank heillos in Prozesse verheddert

Justiz. Im Millionen-Poker mahnt das Dresdner Oberlandesgericht zur gütlichen Einigung.
 
Nach jahrelangen juristischen Auseinandersetzungen ist der Streit rund um die Landesbank erneut dort angekommen, wo er schon mehrfach angelangt war: in einer kurzen Atempause vor dem nächsten prozessualen Dauerfeuer.

Gestern läutete das Oberlandesgericht in Dresden die nächste Runde im Streit um die Landesbank-Tochter Mitteldeutsche Leasing AG (MDL) ein. Über deren Wert gehen die Meinungen des Mehrheitsgesellschafters Landesbank und der Industrie- und Immobilien-Leasing GmbH (IIL) des Tutzinger Unternehmers Ludwig Hausbacher weiterhin millionenweit auseinander. Auf 140 Millionen Euro Schadenersatz haben die Tutzinger die Landesbank verklagt, die das Unternehmen in den Ruin gewirtschaftet haben soll. Und solange nicht ausreichend Geld fließt, daran ließ die IIL auch gestern keinen Zweifel, geht der Prozess-Krieg weiter.

Düstere Zwischenbilanz: Mittlerweile ist die Landesbank in 21 Verfahren verheddert, täglich tickt die Uhr für Anwalts- und Gerichtskosten. Eine vertrackte Situation für alle, befand der Vizepräsident des Oberlandesgerichtes, Ulrich Hagenloch. Er ließ zwar durchblicken, dass auch er die IIL-Klage eher abweisen werde, empfahl aber den mit einem Anwaltsheer erschienenen Streithähnen mehrfach dringend eine gütliche Einigung. Lieber ein paar Millionen Euro jetzt in die Hand nehmen als weitere Jahre von einem zum nächsten Prozess zu springen und damit allen involvierten Unternehmen weiteren Schaden zufügen, appellierte Hagenloch – vor allem an die Landesbank.

Zaghaft andere Töne

Die hatte sich bisher stets klar gegen ein Entgegenkommen gegenüber der IIL ausgesprochen. Und so wurde auch Finanzminister Horst Metz (CDU) rüde zurückgepfiffen, nachdem er bei Cuba Libre und Zigarre im vergangenen Jahr versucht hatte, einen zarten Gesprächsfaden zum IIL-Sprecher, Biedenkopf-Schwiegersohn Andreas Waldow, zu knüpfen. Gestern nun zaghaft andere Töne: Ja, man könne es ja versuchen, lautete der Tenor der zerstrittenen Parteien. Bis zur Urteilsverkündung am 23. Oktober bleibt nun Zeit für neues Nachdenken. Doch nur wenige Minuten später erreichte die IIL gestern mit einem weiteren prozessualen Nadelstich gegen die Landesbank überraschend einen Teilerfolg. Wegen eines Formfehlers scheiterte die Landesbank daran, gegen einen handstreichartigen Vorstandswechsel bei der MDL durch die IIL-Spitze vorzugehen. Die hatte Ende Juli eine MDL-Hauptversammlung einberufen, ohne den Mehrheitseigner Landesbank zu informieren. Damit heißt der neue MDL-Vorstand nicht mehr Rainer Born, sondern Kurt Seitz – von IIL-Gnaden. Grotesk: Bisher hat ihn ein Sicherheitsdienst daran gehindert, sein Büro bei der MDL zu betreten.

Nun könnte also erneut die Zeit der politischen Strippenzieher hinter den Kulissen beginnen. Nach SZ-Informationen versuchen bereits seit etwa zwei Wochen Brückenbauer zwischen den völlig verfeindeten Lagern zu vermitteln. Die Zeit drängt – vor allem die Landesbank und die Regierung. Denn spätestens wenn Ex-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) Mitte Dezember im Untersuchungsausschuss des Landtags aussagt, könnte die CDU in arge Bedrängnis kommen, wenn die alten Lager – Biedenkopf/Milbradt – im Landesbank-Streit erneut aufbrechen.
Von Annette Binninger