Karl Nolle, MdL
Dresdner Morgenpost, 24.09.2006
Denn sie wissen was sie tun
Kolumne von Heinz Eggert, Staatsminister a.D, MdL
Wenn eine Hühnerpest ausbricht, fordert garantiert sofort einer reflexartig (meistens Stoiber) ein Programm gegen Hühnerpest, wenn Doping wieder hochkommt, fordern andere ein Anti-Doping-Sofortprogramm, wenn die NPD, von vielen als braune Pest empfunden, irgendwo wieder mal gewählt wird, werden neue Programme gegen Rechtsradikalismus gefordert- natürlich immer verbunden mit der Forderung nach mehr Geld - als würde es sich nicht verstehen, dass gesetzliche und demokratische Vorsorge immer gefordert ist, nicht nur kurz vor und nach den Wahlen. Nach NPD-Erfolgen ist die Aufregung immer ein paar Tage groß.
Das ist das eigentlich Schlimme, immer nur ein paar Tage.
Mit wohlformulierten politischen Sonntagsappellen wird gar nichts ausgerichtet, außer das die politische Hörfähigkeit der Gutwilligen leidet. Wenn die Antifa sich dann noch in Aufstellung bringt, um vorgeblich die Demokratie zu verteidigen, dann wird es noch schlimmer. Politische Extreme bekämpft man nicht mit politischen Extremen.
Auch erstellte Landkarten, über angeblich braune Gebiete in Deutschland, in die man möglichst nicht reisen sollte, sind wenig hilfreich.
Denn sie entmutigen gerade die demokratischen Kräfte in diesen Gebieten, für die das Wort Zivilcourage mit mehr aufzubringender Lebenskraft verbunden ist, als die Anständigen in ihren Talkshows ahnen können.
Kaum ist die NPD in den Schweriner Landtag gewählt worden, wird die sattsam bekannte Forderung nach dem Verbot der NPD erhoben, als wüsste man nicht um die hohen Hürden,
die das Bundesverfassungsgericht vor wenigen Jahren aufgestellt hat. Die Verfassungsrichter rügten, dass der Verfassungsschutz die NPD offenbar massiv unterwandert hatte. Aber genau hier beginnt die demokratische Quadratur des Kreises. Wenn der Preis für ein eventuelles Verbot der NPD ,das zurückziehen aller Informanten und damit der Verzicht auf alle Informationen ist, dann ist der Preis und die damit verbundene Gefährdung der Demokratie zu hoch.
Denn die NPD macht auch im sächsischen Landtag überhaupt kein Hehl daraus, dass sie das demokratische System Bundesrepublik nicht ändern, sondern abschaffen will.
Sie will keinen neuen demokratischen Staat, sondern eine neue Diktatur.
Das müsste inzwischen auch der letzte Wähler der NPD wissen. Sie wissen was sie tun, wenn sie die NPD wählen. Und wer glaubt ihre Wahlmotive mit Wohlstandsgefälle und Sozialneid verstehbar und entschuldbar zu machen, beleidigt all jene, denen es in dieser reichen Bundesrepublik auch nicht besonders gut geht und die trotzdem keine Neonazis wählen. Wir sind 1989 nicht auf die Straße gegangen um zuzulassen dass eine alte Diktatur durch eine neue ersetzt wird. Oder?