Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 05.10.2006
Landtag moniert laxen Umgang mit Geld
Finanzen. Die sächsische NPD-Fraktion steht bereits seit Anfang 2005 im Verdacht, Steuergelder zweckwidrig einzusetzen.
Zehnmal hat die Landtagsverwaltung die NPD-Fraktion bereits ermahnt. Doch zehnmal scheint danach nicht viel passiert zu sein. Immer wieder griff Landtagspräsident Erich Iltgen (CDU) in den vergangenen Jahren zum Briefpapier mit Landtagskopf und wandte sich an den Chef der NPD-Fraktion, Holger Apfel.
Der Tenor der Schreiben ähnelte sich: Es bestehe Grund zur Annahme, dass die Fraktion die ihr vom Steuerzahler zu Verfügung gestellten Gelder zweckwidrig einsetze und statt der Fraktionsarbeit damit blanke Parteiarbeit unterstütze. Inzwischen geht der Vorwurf bereits weiter: Die NPD-Fraktion soll mit sächsischen Fraktionsgeldern auch ihre Wahlkämpfe in Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern mitfinanziert haben. Das streitet sie zwar weiterhin vehement ab, doch die Landtagsspitze bereitet nach SZ-Informationen derzeit ein Schreiben an den Sächsischen Rechnungshof vor, in dem genau dies vorgeworfen wird.
Monatliche Zuschüsse
Es geht um viel Geld: Monatlich stehen der NPD-Fraktion 111 420 Euro zu Verfügung. Die Zuschüsse an alle im Landtag vertretenen sechs Fraktionen werden nach dem Fraktionsrechtsstellungsgesetz berechnet (s. Kasten) und sind im Haushaltsplan des Freistaats rechtsverbindlich festgesetzt. Und die Mahnung an alle Fraktionen ist dort ebenfalls nachzulesen: „Die Leistungen (...) dürfen nicht für Zwecke der Parteien verwendet werden.“ Dagegen aber hat die NPD nach Ansicht der Landtagsverwaltung, die sich gestern zu dem Thema in Schweigen hüllte, mehrfach verstoßen. Und zwar schon fast von Anfang an.
Die ersten Verdachtsmomente auf möglichen Missbrauch reichen bereits weit zurück. Nicht einmal vier Monate nach dem Einzug der Rechtsextremisten im Herbst 2004 in den Landtag monierte Iltgen erstmals den seiner Meinung nach laxen Umgang der Fraktion mit den ihr anvertrauten Geldern. Der zeitliche Kontext war der 60. Jahrestag der Zerstörung Dresdens am 13. Februar 2005. Damals machte die NPD unter anderem auf der Internetseite ihrer Landtagsfraktion massiv Werbung für eine Neonazi-Demonstration, getragen von der „Jungen Landsmannschaft Ostpreußen“ (JLO).
Verdeckte Parteiarbeit
Allein dadurch dass die NPD-Fraktion dafür die „Schirmherrschaft“ übernommen habe, lasse sich „ein solcher Bezug nicht künstlich herstellen“, kritisierte der Landtag Anfang Februar 2005 die seiner Meinung nach verdeckte Parteiarbeit. Schon in der Unterstützung der JLO sei keinerlei Bezug zur parlamentarischen Arbeit erkennbar. Das Ende der NPD-Propaganda für die Demo ist hinlänglich bekannt: Sie ging am Jahrestag kläglich unter. Tausende Dresdnerinnen und Dresdner stellten die Demonstranten, ihre Hintermänner und Sympathisanten in die braune Ecke. Es folgten weitere politische Manöver aus der Fraktion heraus – der Landtag beanstandete und meldete seinen Verdacht weiter an den Rechnungshof.
Die NPD werde innerhalb der nächsten zwei Wochen ihren Rechnungsabschluss 2005 für die Fraktionsarbeit vorlegen, kündigte unterdessen ihr Pressesprecher an; und erklärte, dass man nicht einmal die Dienstfahrzeuge der Fraktion im Wahlkampf genutzt habe.
Ob und wie der Sächsische Rechnungshof auf die Schreiben des Landtags reagiert hat, darüber blieb die Öffentlichkeit auch gestern weiter im Unklaren. Der Präsident sei in Urlaub, zur Beantwortung von Anfragen zum Thema sah sich die Behörde nicht imstande, teilte ein Pressesprecher leicht verlegen mit.
Von Annette Binninger