Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 07.10.2006

Umschlungen von Dublin-Millionen

Landesbank. Die Leipziger Zentrale ist von den komplexen Finanzgeschäften ihrer Tochter in Irland abhängig geworden.
 
Die nicht-öffentliche Sitzung im Raum A 600 des Landtages hatte es in sich. Schon zum 17. Mal kamen die 20 Mitglieder des Untersuchungsausschusses zusammen, um die Landesbank-Affäre aufzuklären. Doch nur 37 Minuten nach Beginn der Sitzung am 17. Juli verließen die PDS-Abgeordneten und ihre Berater den Raum. Ihr rechtspolitischer Sprecher Klaus Bartl fühlte sich behandelt „wie ein Klippschüler“. FDP-Mann Andreas Schmalfuß zog gar eine „Beschlagnahme“ der Unterlagen in Erwähnung.

Grund des Verdrusses war ein Prüfbericht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). In deren Auftrag hatten Fachleute der darauf spezialisierten Gesellschaft KPMG vor allem die Kapitalmarkt-, Beteiligungs- und Kreditgeschäfte der Landesbank geprüft: vom Oktober 2004 bis April 2005. Ihre Ergebnisse erreichten den Untersuchungsausschuss nicht nur erst ein Jahr später, sondern zum Teil mit Schwärzungen. „Wegen des herausragenden Schutzes des Bankgeheimnisses“, begründete die Landesbank ihr Vorgehen. SPD-Ausschussmitglied Karl Nolle zählte auf 70 Seiten mehr als 500 Schwärzungen. Zudem schickte die Landesbank zu der Sitzung auch noch den Chef ihrer Innenrevision, Jörg Wille, um den „Sonderprüfungsbericht zu erläutern“.

Der war für die Bank wenig schmeichelhaft. Die Risiken des Geschäfts der Sachsen-LB Europe Ltd. (SLBE) in Dublin würden nicht den „Anforderungen des Kreditwesengesetzes entsprechend überwacht und gesteuert“, hieß es. Die „risikomäßige Transparenz“ sei „nicht in erforderlichem Umfang gegeben“, die Funktionsfähigkeit der internen Revision beeinträchtigt. Zudem gebe es bei der SLBE „erhebliche Unzulänglichkeiten in der Dokumentation“.

Landesbank-Sprecher Frank Steinmeyer versicherte am Freitag, die „Anforderungen aus dem Prüfbericht“ seien „inzwischen vollumfänglich abgearbeitet“. Zudem seien nach dem Bafin-Prüfbericht für Risiken aus dem Dublin-Geschäft 15 Millionen Euro im vorigen Jahr vorsorglich beiseite gelegt worden. Eine Reduzierung für dieses Jahr werde geprüft. Im Untersuchungsausschuss hatte Innenrevisionschef Wille nach SZ-Unterlagen zugegeben, dass dies geschehen sei, „um den Jahresabschluss der Bank nicht zu gefährden“. Und eingeräumt: „Es ist nicht klar, welche Regelungen des deutschen Aufsichtsrechts in der SLBE anzuwenden sind.“

Klar ist hingegen, dass die Landesbankmutter in Leipzig inzwischen von den Kapitalmarktgeschäften der irischen Tochter abhängt. Das zeigt der Blick in den Konzernabschluss 2005: Während die Sparte Kundenfinanzierungen fast 60 Millionen Euro Minus machte, gelang der Kapitalmarktsparte ein Plus von 95 Millionen Euro. Davon sind 57,5 Millionen Euro, die die Tochter in Irland Steinmeyer zufolge „nicht nur aus dem laufenden Gewinn, sondern auch aus den Rücklagen“ nahm und an die Leipziger Zentrale überwies. Ohne die Dublin-Millionen wäre der Landesbank-Konzern in die roten Zahlen geschlittert. Bereits für 2004 hielten die Bafin-Prüfer fest, dass die SLBE die von Landesbank-Eigentümer Sachsen-Finanzgruppe vorgegebenen Rentabilitätsziele „entscheidend“ fördere. Daraus macht die Landesbank auch keinen Hehl. „Das Geschäft in Dublin ist für uns eine Ertragsperle“, sagt Steinmeyer. Über damit verbundene Risiken spricht er weniger gern, SPD-Mann Nolle dagegen umso mehr. Für ihn spielen sich in Dublin „hochspekulative Finanzgeschäfte“ ab, die kaum einer verstehe und die damit nicht zu kontrollieren seien. Ein zu den Irland-Geschäften befragter Sparkassenvorstand sagte dazu nur: „Das sind mit hohem Risiko erzielte Gewinne – fast wie in einer Spielbank.“

Der neue SLBE-Chef Sven Petersen räumt zwar ein, dass sein Geschäft „hochkomplex“ sei, betont aber zugleich, es habe „noch nie einen größeren Ausfall“ gegeben. Die größte Zeitung des Landes, die „Irish Times“, habe die SLBE erst im Mai zur profitabelsten Auslandsbank gekürt. „Wären wir hier nicht so spezialisiert, hätten wir den Erfolg nicht“, sagt Petersen. Das von seinem Haus für große Investoren wie Investmentbanken und Versicherungen verwaltete Vermögen bezifferte Petersen auf 50 Milliarden Euro. „In US-Fachkreisen werden wir mit Lob überschüttet“, sagt der SLBE-Chef.

Die aus dieser Vermögensverwaltung sprudelnden Provisionen werden Landesbank-Sprecher Steinmeyer zufolge ein „Kerngeschäftsfeld“ des Geldhauses bleiben. Schließlich wandle sich das Haus derzeit zu einer Spezial- und Verbundbank, die diese Kapitalmarktgeschäfte auch den sächsischen Sparkassen anbieten werde. Die Ausschussmitglieder werden schon am kommenden Montag Gelegenheit haben nachzufragen. Vor ihnen sitzt dann als Zeuge der frühere Landesbank-Vorstand Rainer Fuchs. Die Sitzung könnte wieder turbulent werden, denn die Gründung der Banktochter in Dublin vor sechs Jahren fiel unter seine Ägide.S.4
Von Ulrich Wolf