Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 15.11.2006

Die NPD zerlegt sich selbst

Landtag. Die Rechtsextremen schließen den Abgeordneten Klaus-Jürgen Menzel aus der Fraktion aus.
 
Da waren’s nur noch acht. Und wieder beginnt das große Stühlerücken im Landtag. Denn Klaus-Jürgen Menzel sitzt bereits heute am Einzel-Katzentisch, säuberlich getrennt von seinen ehemaligen Kollegen der rechtsextremen NPD-Fraktion.

Überraschend haben die eigenen „Kameraden“ den 66-Jährigen gestern per Abstimmung aus der Fraktion geworfen. Einstimmig wurde der Parlamentarier, der vor wenigen Tagen noch bundesweit mit Lob für Adolf Hitler Schlagzeilen machte, im Schnellverfahren abserviert. Nur Menzel selbst enthielt sich. Damit verliert der Abgeordnete, der mehrfach durch übelste Hetzparolen auffiel, zwar seine Fraktionsmitgliedschaft, behält aber sein Mandat und gehört dem Landtag künftig als Fraktionsloser an. Die NPD, die bereits vor knapp einem Jahr durch den Austritt von drei Abgeordneten einen erheblichen Aderlass erlitten hatte, schrumpft weiter von ursprünglich zwölf auf jetzt noch acht Mitglieder. Und sie büßt jährlich etwa 25 000 Euro an Zuschüssen für ihre Fraktionsarbeit ein.

Erst vor wenigen Tagen waren aus den Reihen von CDU und SPD Anzeigen gegen Menzel wegen Volksverhetzung eingereicht worden. Doch sein Lob für Hitler wurde Menzel nicht zum Verhängnis. Menzels „unsauberes Finanzgebaren“ sei ausschlaggebend für den Ausschluss, teilte die NPD-Fraktion lapidar mit. Dabei sieht es so aus, als habe die Fraktion schlichtweg die Notbremse gezogen, bevor Menzels mögliche finanzielle Verstrickungen und seine braunen Ausraster, die so gar nicht zum erwünschten bieder-bürgerlichen Image der Partei passen, in der Öffentlichkeit auffliegen.

Zudem gilt Menzel als nur schwer steuerbar. Und so fuhr die Fraktionsspitze gestern ihr in solchen Trennungssituationen übliches schweres verbales Geschütz auf. Menzel sei „ein alter Mann“, sagte Fraktionsvize Johannes Müller. Und: „Menzel vertritt nicht die Meinung von Fraktion und Partei.“ Das aber bezog sich weniger auf Menzels Hitler-Äußerungen als auf seine Finanzlage. Menzel habe erhebliche Miet- und Steuerschulden, behauptete Müller. Zudem habe Menzel Partei-Zuschüsse nicht mehr bezahlt. Das Fass zum Überlaufen brachte laut Müller der Brief einer 80-jährigen Gläubigerin, die Menzel ein Darlehen gewährt, aber nicht zurückerhalten habe.

Dass seine Hitler-Äußerungen beim Blitz-Ausschluss keine Rolle spielten, darüber wunderte sich auch Menzel selbst. „Merkwürdigerweise kam das gar nicht zur Sprache“, sagte er auf SZ-Anfrage. Er werde sich das „Intrigenspiel“ innerhalb der Fraktion nicht gefallen lassen und beim Verwaltungsgericht gegen den Ausschluss klagen. Es gebe „gewisse Leute“, die ihm seinen „Bekanntheitsgrad innerhalb der Bewegung missgönnt“ hätten. Menzel gilt als Bindeglied zum harten Kern der rechtsextremen Kameradschaften.

„Spitze eines Eisbergs“

Als „taktisches Spielchen“ wertete SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss die Entscheidung. Das Ganze diene nur dazu, der Fraktion ein „Saubermann-Image“ zu verschaffen. Dass die NPD die Nazi-Parolen Menzels mit keinem Wort angesprochen habe, zeige deutlich, dass es sich dabei „offensichtlich um gängiges Gedankengut der gesamten NPD-Fraktion“ handele, kritisierte Weiss.

Das bezeichnete auch der Parlamentarische Geschäftsführer der PDS-Landtagsfraktion, Andre Hahn, als den „eigentlichen Skandal“. Und CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer warnte, Menzel sei „nur die Spitze eines Eisbergs aus fremdenfeindlichen und undemokratischen Einstellungen in der NPD“.
Von Annette Binninger