Karl Nolle, MdL
Agenturen, dpa/sn, 18:09 Uhr, 16.11.2006
NPD-Mann des Landtags verwiesen - Streit um Umgang mit Rechten
Dresden (dpa/sn) - Nach einer erneuten Nazi-Entgleisung des früheren NPD-Abgeordneten Klaus-Jürgen Menzel ist im sächsischen Landtag am Donnerstag ein Streit um den Umgang mit den Rechten entbrannt. Die Debatte gipfelte in einer Rücktrittsforderung an Landtagspräsident Erich Iltgen. Menzel war zuvor von der weiteren Parlamentssitzung ausgeschlossen worden, weil er sich nach Meinung der Landtagsmehrheit wiederum zu Adolf Hitler bekannt hatte.
Menzels Äußerungen waren zunächst einhellig von allen Fraktionen außer der rechtsextremen NPD scharf verurteilt worden. Er wurde unter anderem als Schande für des Parlament bezeichnet. Linke und Grüne bemängelten jedoch, dass der Landtagspräsident am Vormittag nicht unverzüglich auf Menzel reagiert hatte. Die Linksfraktion verlangte nach der Aussprache und dem Sitzungsausschluss Menzels den Rücktritt des Präsidenten.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, André Hahn, und die Landesvorsitzende der Linkspartei.PDS, Cornelia Ernst, warfen dem Landtagspräsidenten vor, beim Umgang mit Nazis im Parlament erneut versagt zu haben: «Herr Iltgen hätte sofort einen Ordnungsruf erteilen und Herrn Menzel in Abstimmung mit dem Präsidium für mindestens drei Sitzungstage ausschließen müssen.» Er sei dem Ernst der Lage nicht mehr gewachsen. Die Linken hatten Iltgen schon öfter wegen aus ihrer Sicht unzureichender Reaktionen auf rechte Äußerungen im Landtag kritisiert.
Iltgen lehnte einen Rücktritt ab. Ein Verstoß gegen die parlamentarische Ordnung habe zunächst nicht zweifelsfrei festgestellt werden können, weil Menzels Äußerungen Raum zur Interpretation gelassen hätten. In ihren Reaktionen hatten allerdings Redner aller Fraktionen - die NPD äußerte sich nicht - erklärt, es sei ihnen klar, was Menzel gemeint habe.
CDU-Fraktionschef Fritz Hähle nannte die Rücktrittsforderung völlig unangemessen. «Die skandalösen Äußerungen des früheren NPD-Abgeordneten Menzel zum Anlass für Kritik am Landtagspräsidenten zu nehmen, halte ich für schäbig», sagte er. Eine politische Auseinandersetzung müsse mit politischen Argumenten geführt werden. SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss sagte zur Rücktrittsforderung: «Die Frage stellt sich nicht.»
Auch die Grünen wiesen die Forderung der Linken als überzogen zurück. «Ist sich die Linksfraktion bewusst, dass sie auf diese Art Menzel einen Erfolg verschafft», fragte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Karl-Heinz Gerstenberg. «Bei Konflikten über den richtigen Umgang mit den Nazis im Parlament sollten Demokraten miteinander sprechen und die Differenzen nicht über Rücktrittsforderungen austragen.»
Menzel hatte sich in einer Debatte an den aus Österreich stammenden Chef der Linksfraktion, Peter Porsch, gewandt und erklärt, der «andere» Österreicher werde ihm - wenn er Porsch sehe - «nur noch sympathischer». Bei seiner Rechtfertigung bestritt Menzel einen Bezug auf Hitler, würdigte ihn aber indirekt nochmals. Es sei allein der Courage der Landtags-Vizepräsidentin Regina Schulz (Linksfraktion) zu verdanken, dass Menzel wegen dieser neuerlichen Entgleisung dann von Sitzung ausgeschlossen wurde, so die Linken.
Menzel hatte erst am vergangenen Wochenende öffentlich erklärt, er stehe nach wie vor zum «Führer». Am Dienstag hatte ihn seine Fraktion wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten ausgeschlossen. Eine Distanzierung wegen der Hitler-Äußerungen gab es bei der NPD nicht.
Am Donnerstag brachte Menzel zudem Patronenhülsen mit in den Landtag. Diese wollte er während seiner Rede zum Fall Stephanie aus der Jackentasche ziehen. Iltgen verhinderte dies. Der Sicherheitsdienst nahm Menzel die Patronen ab. Laut Hausordnung dürfen Waffen und Munition nicht in den Landtag gebracht werden.
dpa st yysn ml
161809 Nov 06