Karl Nolle, MdL

Agenturen, ddp-lsc, 15:20Uhr, 08.12.2006

Rücktritt nicht genug

Forderungen nach Parteiausschluss von CDU-Politiker Nitzsche halten an
 
Dresden (ddp-lsc). Nach dem Rücktritt des umstrittenen CDU-Bundestagsabgeordneten Henry Nitzsche als Kreisvorsitzender sind Forderungen nach weitergehenden Konsequenzen laut geworden. Linkspartei.PDS und der SPD-Politiker Karl Nolle forderten die Union auf, sich von dem 47-Jährigen zu trennen. Die Görlitzer Opferberatungsstelle für Betroffene rechter Gewalt (AMAL) erklärte, der Fall zeige, dass rechtes Gedankengut in der Mitte der Gesellschaft und auch bei einer Volkspartei wie der CDU Einzug halte.

Die Landeschefin der Linkspartei.PDS, Cornelia Ernst, sagte, Nitzsche müsse sein Bundestagsmandat niederlegen. «So jemand gehört nicht in das Parlament». Er stelle sich mit seinen Äußerungen in den Windschatten der rechtsextremen NPD. Die CDU sollte den Mut aufbringen, sich von ihm zu trennen.

Auch nach Ansicht des SPD-Landtagsabgeordneten Nolle reicht der Rücktritt Nitzsches nicht aus. Die CDU müsse sich zur Bewahrung ihrer eigenen Glaubwürdigkeit von diesem Mann trennen, sagte er. In der Union als demokratischer Volkspartei dürfe kein Platz für jemanden sein, der seiner Auffassung zufolge ganz offensichtlich der Leugnung des Holocausts Vorschub leiste.

Nitzsche hatte am Donnerstagabend den Vorsitz des CDU-Kreisverbandes Kamenz/Hoyerswerda niedergelegt. Der Vorstand distanzierte sich in einem Beschluss von dessen Äußerungen. Er habe mit «seinen wiederholten Entgleisungen dem Kreisverband enormen Schaden zugefügt», hieß es darin. Er forderte Nitzsche zudem auf, sich «unverzüglich dafür öffentlich zu entschuldigen».

In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass Nitzsche im Sommer bei einer CDU-Veranstaltung ein «Ende des Schuldkultes» in Deutschland gefordert und die frühere rot-grüne Bundesregierung «Multikulti-Schwuchteln» genannt hatte. Nitzsche hatte in den vergangenen Jahren durch rechtslastige Sprüche mehrfach bundesweit für Negativschlagzeilen gesorgt.

Sachsens Ausländerbeauftragte Friederike de Haas (CDU) begrüßte den Rücktritt. Nitzsches Äußerungen seien für einen Bundestagsabgeordneten inakzeptabel, sagte sie am Freitag in Dresden. Nitzsche müsse «sich überlegen, in welche Partei er gehört».

Die Opferinitiative AMAL wertete die Amtsniederlegung ebenfalls positiv. Zugleich sei es aber «erschreckend», dass sich in der CDU so lange keine Kritik an Nitzsches Äußerungen geregt habe, sagte Opferberaterin Anne Kretzschmar. «So was ist in der CDU anscheinend kein Problem. Man darf es ungestraft sagen», kritisierte sie.
Von Alessandro Peduto und Alexander Gruber

(Quellen: Ernst, Nolle, Kretzschmar auf ddp-Anfrage; de Haas vor Journalisten in Dresden; CDU in Mitteilung)

ddp/alg/fgr
081520 Dez 06