Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 14.12.2006

Waffenschmuggler im Landtag

 
Dresden. Vorläufig leben Sachsens Abgeordnete erst einmal sicher. Ihr Parlamentspräsident Erich Iltgen (CDU) erließ am Mittwochmorgen ein in der Geschichte des Landtags noch nie da gewesenes Hausverbot für einen Volksvertreter. Der Ex-NPD-Abgeordnete Klaus-Jürgen Menzel wollte am Dienstagabend gegen 20.30 Uhr während einer Parlamentsdebatte einen Revolver auf die Besuchertribüne schmuggeln lassen.

Warum Menzel den Revolver vom Kaliber .38 Spezial von seinem Bekannten in den Plenarsaal bringen lassen wollte, blieb gestern zunächst unklar. Der Abgeordnete bezeichnete sich als "gefährdet". In seiner letzten NPD-Fraktionssitzung, auf der sein Ausschluss beschlossen worden war, hatte er verbale Drohungen gegen den NPD-Vertreter Jürgen Gansel ausgestoßen. Von Prügel war dabei wohl die Rede, wenn sich Gansel nach Menzels Fraktionsausschluss bei bestimmten NPD-Gliederungen in Sachsen blicken lassen würde. Gansel soll nur gelacht haben.

Die NPD-Fraktion gab sich gestern indes gelassen. "Die Fraktion beziehungsweise einzelne Abgeordnete fühlten sich von Menzel nicht persönlich bedroht", beeilte sich ein Fraktionssprecher zu erklären. Zugleich gab Fraktionsvize Johannes Müller eine Art Entschuldigung dafür ab, dass Menzel überhaupt Landtagsabgeordneter werden konnte: Es sei "bedauerlich, dass Herr Menzel im Jahre 2003 auf die NPD-Landesliste gelangen konnte". Den NPD-Delegierten seien "seinerzeit die chaotischen Lebensverhältnisse von Herrn Menzel wie auch seine politischen und charakterlichen Wirrungen nicht bekannt" gewesen. Menzels öffentliche Auftritte seien zudem "zunehmend wirr und mit gesundem Menschenverstand nicht nachvollziehbar", ergänzte Müller.

Oberstaatsanwalt Jürgen Schär von der Dresdner Staatsanwaltschaft kündigte gegenüber dieser Zeitung ein Ermittlungsverfahren wegen unerlaubten Waffenbesitzes gegen Menzel an. Nach Angaben von Sicherheitsbehörden war ihm ein früher erteilter Waffenschein 2002 entzogen worden. Menzels Landtagsbüro wurde sofort versiegelt. Staatsanwalt Schär sagte zudem, er habe Menzel wegen uneidlicher Falschaussage und versuchter Strafvereitelung angeklagt. Menzel habe vor Gericht versucht, einem bekannten Schläger der rechtsextremen Szene ein Alibi zu verschaffen.

Der 66-Jährige war Mitte November aus der NPD-Landtagsfraktion ausgeschlossen worden, zudem läuft ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn. Offizielle Begründung der Fraktion waren Betrugsvorwürfe und andere finanzielle Unregelmäßigkeiten. Menzel war zudem mehrfach wegen seiner offenen Verehrung für Hitler aufgefallen. Dieser sei "ein großer Staatsmann" gewesen, so Menzel, er stehe nach wie vor zum "Führer". Auch am 17. November war Menzel aufgefallen, als er mehrere Patronenhülsen mit in den Plenarsaal brachte. Diese wollte er nach eigenem Bekunden als Antwort auf den Sexualstraftäter Mario M. - den Peiniger Stephanies -präsentieren, der zuvor auf dem Gefängnisdach herumspaziert war.

Das Hausverbot wurde nun auch wegen einer "möglichen akuten Gefährdung der Sicherheit der Abgeordneten, Mitarbeiter und Besucher des Landtags" verhängt, wie Landtagssprecher Ivo Klatte betonte. Nach seinen Angaben äußerten inzwischen mehrere Abgeordnete gegenüber dem Parlamentspräsidenten Iltgen, sich persönlich von Menzel bedroht zu fühlen. Laut Klatte erklärte die NPD-Fraktion nach dem Ausschluss Menzels in einem Schreiben an Iltgen, dass der 66-Jährige für gefährlich erachtet werde und eine Bedrohung für die Allgemeinheit sei.

Vom Landeskriminalamt wird nun eine Gefährdungseinstufung Menzels erwartet. Nach einer Anhörung und dem Abschluss der Ermittlungen will Präsident Iltgen über das weitere Vorgehen entscheiden. Als denkbar gilt eine Aufhebung des Hausverbots, dafür aber regelmäßige Taschenkontrollen. Ein Entzug des Mandats wäre aber an sehr hohe Hürden gebunden.

Grünen-Politiker Johannes Lichdi betonte: "Die neonazistische NPD ist dafür verantwortlich, dass dieser Mann bis 2009 im Landtag sitzt.". Linkspartei-Politiker André Hahn sagte, der Skandal zeige einmal mehr, dass Neonazis im Parlament eine permanente Bedrohung für die Demokratie seien.
Tino Moritz/Sven Heitkamp