Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 15:56 Uhr, 12.01.2007

Suche nach der undichten Stelle - Justiz befragt Mitglieder des Landesbank-Ausschusses wegen der Weitergabe geheimer Unterlagen

 
Dresden (ddp-lsc). Die Dresdner Staatsanwaltschaft fahndet nach einer undichten Stelle im Landtags-Untersuchungsausschuss zur Sachsen LB. Dazu sollen 20 Abgeordnete sowie 13 ihrer Mitarbeiter und mindestens ein Journalist als Zeugen durch das Landeskriminalamt (LKA) befragt werden, wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Christian Avenarius, am Freitag in Dresden sagte. Die Staatsanwaltschaft will herausfinden, wer geheime Unterlagen, die dem Ausschuss Mitte 2006 zur Verfügung gestellt wurden, an die Öffentlichkeit gegeben hat. Darin war auch der Termin einer geplanten Hausdurchsuchung bei dem Dresdner Notar Georg Schildge enthalten. Der FDP-Abgeordnete Jürgen Martens kritisierte die geplante Aktion scharf.

Avenarius sagte, «es ist absolut wichtig, dass wir dieser Sache nachgehen». Von einem Eingriff in Abgeordnetenrechte könne überhaupt keine Rede sein. Auch Abgeordnete müssten sich an ihre Pflichten halten, zudem könnten auch sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen. Die Staatsanwaltschaft hatte im November ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen Verdachts der Verletzung von Dienstgeheimnissen und einer besonderen Geheimhaltungspflicht eingeleitet, der Mitglieder eines Untersuchungsausschusses unterliegen.

Auslöser für die Aktion ist das Durchsickern vertraulicher Unterlagen im Fall Schildge. Die Staatsanwaltschaft hatte im Mai 2006 die Privat- und Geschäftsräume des Juristen durchsucht, zudem warf sie ihm uneidliche Falschaussage vor dem Untersuchungsausschuss vor. Schildge gilt als Vertrauter von Finanzminister Horst Metz (CDU) und war im Sommer 2005 vom Untersuchungsausschuss vernommen worden.

Der rechtspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Martens, sagte, «wieder einmal schießt die sächsische Justiz bei der Suche nach Informationslecks mit Kanonen auf Spatzen». Schon in der Vergangenheit habe Justizminister Geert Mackenroth (CDU) bewiesen, dass er mit der «Sensibilität eines Mähdreschers durch die politische Landschaft» rolle. Abgeordnete und Fraktionsmitarbeiter am Rande einer Plenarsitzung in Räumen des Landtags ohne Unterrichtung des Landtagspräsidenten vernehmen zu wollen, sei wieder eine neue Qualität mangelnden «Fingerspitzengefühls».

Das Landtagspräsidium zeigte sich empört, weil dort niemand über die geplante Befragung Ende Januar informiert worden war. Präsident Erich Iltgen (CDU) «erwartet, dass sich die Justizbehörden an die üblichen Umgangsformen halten», sagte Landtagssprecher Ivo Klatte.

Der Untersuchungsausschuss war im April 2005 auf Drängen der Linkspartei.PDS-Fraktion vom Landtag eingesetzt worden. Das Gremium soll die im vergangenen Jahr aufgekommenen Vorwürfe der Vetternwirtschaft und Bespitzelung sowie der Dokumentenfälschung klären.
Von Matthias Hasberg und Alexander Gruber

(Quellen: Avenarius auf ddp-Anfrage; Martens in Mitteilung; Klatte in «Sächsischer Zeitung»)

ddp/alg/mwa
121556 Jan 07