Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 13.01.2007

Keine Straftat kein Prozess gegen Staatsanwalt Ball

Landgericht Dresden lehnt Eröffnung des Verfahrens gegen Ermittler im Fall Schommer ab / Staatsanwaltschaft jagt erneut „Maulwurf
 
Dresden (DNN). Der frühere Korruptionsfahnder Andreas Ball muss sich nicht wegen Geheimnisverrats vor dem Landgericht Dresden verantworten. Die 4. Große Strafkammer unter Vorsitz von Herbert Pröls hat es abgelehnt, das Hauptverfahren gegen Ball zu eröffnen. Das teilte gestern Gerichtssprecherin Bettina Garmann mit. Die Staatsanwaltschaft Chemnitz hatte im Dezember 2005 Anklage wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses erhoben.

Andreas Ball war bis August 2005 Staatsanwalt bei der Antikorruptions-Einheit Ines. Er führte das Verfahren gegen den früheren Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) im Zusammenhang mit Beraterhonoraren des Dualen Systems Deutschland (DSD. Am 24. Mai durchsuchten Ermittler das Wohnhaus von Schommer. Nicht nur Polizisten und Staatsanwälte waren vor Ort, sondern auch ein Fotograf einer Boulevardzeitung. Am 25. Mai berichtete die Zeitung in Wort und Bild von der Durchsuchung. Unter anderem wurde Schommer, bekleidet mit einem seidenen Hausanzug, abgebildet.

Das löste in CDU-Kreisen eine Welle der Empörung aus. Der CDU-Landtagsfraktionschef Fritz Hähle sprach von einer „politisch motivierten Hexenjagd", die Suche nach einem Schuldigen für die Indiskretion begann. Die Fahnder. schöpften auf der Jagd nach dem „Maulwurf` alle rechtlichen Mittel aus und gingen sogar noch weiter: Sie schnüffelten in den Verbindungsdaten eines Journalisten und den Kontendaten von Ball. So viel Aufwand wäre gar nicht nötig gewesen: Ball selbst hatte in einer dienstlichen Notiz einen Anruf des Journalisten am Vorabend der Durchsuchung vermerkt.

Kritik an dem Vorgehen der Ermittler konterte Justizminister Geert Mackenroth (CDU) mit der Bemerkung, es sei ein großer Schaden für die sächsische Justiz entstanden, das rechtfertige den Einsatz drastischer Mittel. Andreas Ball wurde zur Staatsanwaltschaft Meißen abgeschoben. Sein Nachfolger bei Ines hat das DSD-Verfahren gegen Schommer noch immer nicht abgeschlossen.

Schließlich wurde Ball als vermeintlicher „Maulwurf' angeklagt. Der Ablehnungsbeschluss des Landgerichts liest sich wie eine Ohrfeige für die Staatsanwaltschaft Chemnitz, aber auch den Justizminister. Selbst wenn Ball den Durchsuchungstermin einem Journalisten verraten haben sollte, so die Richter, sei dies kein Straftat. Es sei keine Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen zu erkennen. Auch die Ermittlungen gegen Schommer seien nicht durch eine Weitergabe von Informationen gefährdet worden, so die Kammer.
Martin Marx, Sprecher des Justizministeriums, erklärte: „Wir kommentieren Entscheidungen der unabhängigen Justiz nicht, sondern respektieren sie."

Die Staatsanwaltschaft Chemnitz kann den Beschluss des Landgerichts vom Oberlandesgericht prüfen lassen. Ob sie das tun wird, war gestern nicht zu erfahren.

Unterdessen fahndet die Dresdner Staatsanwaltschaft nach einer undichten Stelle im Landtags-Untersuchungsausschuss zur Sachsen LB. Dazu sollen 20 Abgeordnete sowie 13 ihrer Mitarbeiter und mindestens ein Journalist als Zeugen durch das Landeskriminalamt (LKA) befragt werden. Die Staatsanwaltschaft will herausfinden, wer geheime Unterlagen, die dem Ausschuss Mitte 2006 zur Verfügung gestellt wurden, an die Öffentlichkeit gegeben hat.
Thomas Hartwig