Karl Nolle, MdL
Freie Presse Chemnitz, 13.01.2007
Verzicht auf Gerichtsprozess gegen Staatsanwalt
Landgericht sieht in Telefonaten des Ermittlers mit einem Journalisten keinen Geheimnisverrat
Dresden. Das Telefonat des Staatsanwaltes Andreas Ball mit einem Dresdner Boulevardjournalisten vor einer Hausdurchsuchung beim früheren sächsischen Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) bleibt für den Staatsanwalt ohne gerichtliches Nachspiel. Das Landgericht Dresden entschied gestern, kein Hauptverfahren wegen Geheimnisverrates einzuleiten.
Die Chemnitzer Staatsanwaltschaft hatte gegen den Dresdner Kollegen ermittelt, nachdem er in den Verdacht geraten war, den Journalisten vorher über die Durchsuchungsaktion informiert zu haben. Ball hatte eingeräumt, dass er einen Tag vor der Durchsuchung mit dem Journalisten telefoniert hatte. Allerdings hatte er ein weiteres Gespräch nach der Durchsuchung verschwiegen. Darauf waren die Ermittler jedoch gestoßen, als sie mit Genehmigung des Amtsgerichtes Chemnitz, die Telefondaten des Journalisten nach möglichen Tippgebern durchforsteten.
Dies hatte im Sommer 2005 zu einer heftigen Debatte über Eingriffe in die Pressefreiheit geführt. Nachdem das von Ball verschwiegene Telefonat mit dem Journalisten aus dessen Telefonlisten bekannt geworden war, leitete der Oberstaatsanwalt ein Ermittlungsverfahren gegen Ball ein. Außerdem wurde er gegen seinen Willen aus der Antikorruptionseinheit „Ines" abgezogen und in eine andere Abteilung der Staatsanwaltschaft versetzt. Gegen ihn wurde Anklage erhoben.
Das Landgericht sieht allerdings keinen Anhaltspunkt dafür, dass Ball die Ermittlungen gegen den Ex Wirtschaftsminister gefährdet habe, schließlich habe er die Ermittlungen gegen Schommer selbst geführt. Schon deshalb könne er kein Interesse an einer Gefährdung des Ermittlungserfolges gehabt haben.
Ex-Wirtschaftsminister Schommer steht im Verdacht der Beihilfe zur Untreue, weil er nach dem Ausscheiden aus seinem politischen Spitzenamt im Jahre 2002 als Berater des Recyclingunternehmens Duales System Deutschland (DSD) 6oo.ooo Euro kassiert habe. Der Beratervertrag sah eine Laufzeit von drei Jahren vor, die Leistungen wurden nur ein Jahr in Anspruch genommen, trotzdem aber das volle Honorar gezahlt. Die Staatsanwaltschaft zweifelt an, dass für diese Summe eine adäquate Leitung erbracht werden konnte. Das Ermittlungsverfahren läuft noch.
Von Udo Lindner