Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 18.01.2007

Kampf um Chefsessel in der SPD-Fraktion

Wahl. Der Streit um einen Führungswechsel setzt den Sozialdemokraten zu.
 
In der SPD-Landtagsfraktion hat sich der Kampf um das Amt des neuen Fraktionschefs zugespitzt. Sieben Stimmen der voraussichtlich zwölf anwesenden Abgeordneten sind am Freitag bei einer geheimen Wahl notwendig, damit der bisherige Amtsinhaber Cornelius Weiss die Regierungsfraktion wie von ihm erhofft bis zur Landtagswahl 2009 führen kann.

Doch diese Hürde ist mittlerweile sehr hoch, da es neben Weiss mindestens einen weiteren ernsthaften Kandidaten gibt: den 52-jährigen SPD-Abgeordneten Johannes Gerlach aus Zschopau. „Es wäre die sauberste Lösung, wenn Cornelius Weiss seine Kandidatur zurückzieht“, bestätigte Gerlach gestern seinen Anspruch nach einem Führungswechsel. Aus seiner Sicht ist die Forderung legitim, hatte der heute 73-jährige Weiss bei seiner Wahl 2004 doch definitiv erklärt, nur bis dieses Jahr zur Verfügung zu stehen. Unter dieser Voraussetzung erklärte sich Gerlach einst bereit, eine für die SPD-Fraktion unangenehme Patt-Situation zu beenden. So kam Weiss damals nur auf ganze fünf Stimmen, Gerlach erhielt als Gegenkandidat vier. „Mit dem Vertrauen auf das Wort von Cornelius habe ich dann zurückgezogen.“

Ein Versuch, dann Rückzug

Heute wird sich Gerlach – der ankündigte, im Fall der Fälle die Fraktionsarbeit „anders zu organisieren als bisher“ – mit Weiss noch einmal zum Vier-Augen-Gespräch treffen. An der Ausgangslage dürfte das wenig ändern. Weiss wird am Freitag zunächst als einziger Kandidat antreten und alle anderen Fraktionäre warten ab, ob er stolpert oder nicht. „Eine zweite Runde wird es mit mir nicht geben“, legte sich der amtierende Fraktionschef jedenfalls vorab fest. Dass er überhaupt weitermachen will, habe mit SPD-Landeschef Thomas Jurk zu tun, der Weiss stets unterstützte. Vor allem ihm hätten die Attacken unzufriedener Genossen gegolten, die Weiss zum Rückzug aufforderten. „Auch auf die Gefahr, dass ich mir sehr schade, kann ich den Posten jetzt nicht kampflos räumen.“ Die Strategie habe er telefonisch mit Jurk abgestimmt, der zurzeit dienstlich in Indien unterwegs ist.

Sollte es dennoch zum zweiten Wahlgang ohne Weiss kommen, droht der SPD-Fraktion ein Hauen und Stechen. Neben Gerlach dürfte dann mit Stefan Brangs ein weiterer ambitionierter Kandidat antreten.

Abgeordnete wie Karl Nolle</> finden das ganze Gezerre nur noch schädlich und gefährlich. Es drohe eine „Stoiberisierung“, weil die Personalfrage nicht rechtzeitig intern geklärt wurde. Am Ende, so ahnt Nolle, gibt es in der SPD-Fraktion statt Zusammenarbeit bald nur noch „selbstständige Einheiten“.
Von Gunnar Saft